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    Campus der Universität Bielefeld
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Was wird aus unseren Absolventinnen und Absolventen? Welche Laufbahn schlagen sie ein, welche beruflichen Ziele haben sie erreicht? Wir sprechen mit unseren Alumni und stellen hier zum Start eines jeden Semesters eine Persönlichkeit vor, die uns Rede und Antwort steht. Die Interviews in voller Länge finden Sie hier. Eine kürzere Version wurde im H1-Magazin veröffentlicht.
Hinweis: Das Hochschulmagazin H1 der Universität Bielefeld wurde 2018 eingestellt.


Was wurde aus unseren Alumni...

...der Biologie

Anika Beer, Foto: Isabelle Grubert

Name: Anika Beer (alias Franka Rubus)

Alter: 29 Jahre

Beruf: Schriftstellerin

Studium: Biologie, 2004 bis 2008

Abschluss: Bachelor of Science

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Der beeindruckende Anblick von außen, wenn man von der Bahnhaltestelle auf die Uni zugeht.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Die ersten zwei Semester waren mehr eine Orientierungshilfe, wobei ich eigentlich schon in der Schule wusste, dass ich mich besonders für Neurobiologie interessiere. Das war dann auch der Weg, den ich im weiteren Verlauf meines Studiums eingeschlagen habe: Neurobiologie und Verhaltensforschung. In der Neurobiologie hatte ich auch vier Semester lang einen Job als studentische Hilfskraft, in der Fliegenzucht. Je näher ich dem Abschluss kam, desto mehr habe ich mich aber in Richtung Verhaltensbiologie orientiert.

Haben Sie es als Wagnis empfunden, die Schriftstellerei zu Ihrem Beruf zu machen?
Natürlich ist der Schritt in die Selbstständigkeit immer ein Wagnis, und gerade als Schriftstellerin muss man sich mit jedem Buch neu beweisen. Außerdem fehlt natürlich die Sicherheit eines festen, regelmäßigen Einkommens. Seit drei Jahren arbeite ich nun freiberuflich, und es ist immer noch ein Abenteuer. Aber eines, das sich lohnt – zumindest empfinde ich es so. Schließlich übe ich den Beruf aus, von dem ich seit meiner Kindheit geträumt habe.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Eine Erkenntnis, die ich aus meinem bisherigen Werdegang mitgenommen habe: Haltet Eure Augen und Ohren offen! Egal, was und wie genau Ihr geplant habt, Ihr könnt nie sicher sein, welche Überraschungen und Möglichkeiten das Leben bereithält. Lernt, zu denken. Wer selbstständig denken kann, kann alles machen, egal was er studiert hat. Und dann kann das Leben fast gar nicht mehr schiefgehen.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Meine Erinnerungen an die Studienzeit sind sehr lebendig, sehr fröhlich. Begonnen hat es mit viel Aufregung: Die erste eigene Wohnung, neue Freunde, die mir bis heute sehr nahestehen, Partys und natürlich das Zurechtfinden in den neuen Kursen, mit den Professoren, in diesem riesigen Gebäude. Danach wurde alles schnell sehr vertraut: Die Kommilitonen, die Hörsäle, die Mensa, die Galerie, Kaffee im Westend. Spätestens im dritten Semester konnte ich die Wege ohne Probleme im Halbschlaf gehen. Natürlich gab es immer auch Dinge, über die man sich geärgert hat, oder die einfach lästig waren. Aber wenn ich so zurückblicke, war meine Studienzeit doch eine sehr schöne, in der ich enorm viel gelernt habe – auch und vor allem über mich selbst.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Alles in allem bin ich ganz zufrieden damit, wie mein Studium verlaufen ist. Ich würde vielleicht den recht lockeren Stundenplan der ersten beiden Semester besser nutzen, um noch einen oder zwei interessante Kurse zusätzlich zu besuchen. Überhaupt würde ich vielleicht noch mehr Kurse rein aus Interesse zusätzlich belegen. Und ich hätte im Nachhinein gern ein Auslandssemester gemacht. Aber insgesamt ist es doch ganz gut gelaufen.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Eigentlich wollte ich schon immer Schriftstellerin werden, wenn ich ehrlich bin. Da das mit der Schriftstellerei aber so eine unsichere Sache ist, hatte ich ursprünglich geplant, meinen Master zu machen und dann vielleicht sogar noch einen Doktor hinterher. Aber dann habe ich gemerkt, dass die wissenschaftliche Laufbahn doch nicht das Richtige für mich ist. Also habe ich mich entschlossen, nach dem Bachelor aufzuhören.

Wie ging es bei Ihnen beruflich nach dem Uniabschluss weiter?
Ich hatte das große Glück, dass mein betreuender Professor bei der Bachelorarbeit – York Winter – mir nach meinem Abschluss direkt eine Stelle in seiner Arbeitsgruppe anbot, nachdem ich ihm gestanden hatte, nicht weiter studieren zu wollen. Auf dieser Stelle habe ich dann zwei Jahre im Bereich Projektmanagement und Aufbau von Versuchsapparaturen gearbeitet. Als Professor Winter schließlich einem Ruf nach Berlin folgte, ergab es sich, dass ich genau zu dieser Zeit auch meinen ersten Vertrag für einen meiner Romane unterschreiben durfte. Also habe ich den Sprung ins kalte Wasser gewagt und mich als Schriftstellerin selbstständig gemacht, statt mir eine neue Stelle als Biologin zu suchen.

Inwiefern beeinflusst Ihr Biologiestudium Ihre schriftstellerische Arbeit?
Es beeinflusst mich sogar sehr. Ich habe im Studium viel über Wahrnehmung gelernt, wie sie funktioniert, und wie unterschiedlich Menschen die Realität empfinden und wahrnehmen können. Das ist ein Denkansatz, aus dem sich unendlich vielfältige phantastische Geschichten entwickeln lassen – die aber genauso gut wahr sein könnten. Geschichten, in denen Realität und Fiktion so weit verschwimmen, dass sie sich manchmal überhaupt nicht mehr trennen lassen, sind mir die liebsten. Überhaupt habe ich im Studium eine ganz besondere Art des Denkens und Beobachtens gelernt, ohne die ich die meisten meiner neueren Romane gar nicht hätte schreiben können. Ganz zu schweigen von den zahllosen herrlich inspirierend-skurrilen Dingen, die man in der Natur findet, und nach denen zu suchen mir ohne mein Studium nicht im Traum eingefallen wäre.

Welche schriftstellerischen Vorbilder haben Sie?
Ich habe immer schon sehr gern und sehr viel gelesen, und es gibt immer wieder Autoren, die mich besonders beeindrucken. Dabei ist mir wichtig, dass mir die Sprache gefällt, dass ich die Figuren mag, und dass mir eine interessante Geschichte erzählt wird. Autoren, die das meiner Ansicht nach besonders gut können, sind beispielsweise Jeffrey Eugenides, Suzanne Collins, Michael Ende, Roald Dahl oder Hans Fallada. Echte Vorbilder habe ich allerdings keine. Ich habe meine eigene Erzählstimme und auf die bin ich stolz.

Haben Sie ein Lieblingsgenre – sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben?
Da bin ich überhaupt nicht festgelegt. Als Jugendliche habe ich fast ausschließlich Fantasy gelesen und geschrieben, und ich mag das Genre immer noch. Aber es ist wie mit der Musik: In den unterschiedlichen Genres und Stilrichtungen gibt es so viel zu entdecken, dass man sich viel verschenken würde, würde man nur in eine Richtung schauen. Ich mag einfach gute Geschichten. Das Genre ist dabei wirklich zweitrangig.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
...der Ort, an dem ich in vielerlei Hinsicht groß geworden bin.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2013)

...der Erziehungswissenschaft

Claudia Schmitz, Foto: privat

Name: Claudia Schmitz

Alter: 31 Jahre

Beruf: Gründerin und Inhaberin, Intercommotion

Studium: Erziehungswissenschaften, 2004-2009

Abschluss: Diplom-Pädagogin

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Ich denke daran, dass ich meist den ganzen Tag von früh bis spät in der Uni Bielefeld gelebt und viel Zeit auf der Galerie mit Arbeiten und Kaffeetrinken verbracht habe.

Wie haben Sie die Zeit Ihres Studiums erlebt? Woran denken Sie besonders gern zurück?
Ich habe die Zeit im Studium als einen wichtigen Teil meines Lebens erlebt. In dieser Zeit bin ich erwachsen geworden, habe neue, tiefe Freundschaften geknüpft und herausgefunden, was mir wirklich Spaß macht und was ich beruflich machen möchte.
Wirklich gerne zurück denke ich an die 1001 Stunden, die ich mit Freunden auf der Galerie verbracht habe, um über das Leben zu philosophieren.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Ich habe mich früh auf "Berufliche Bildung" fokussiert. Warum? Ich fand es interessant, dass ich mein bisheriges Wissen in der Arbeit mit Jugendlichen auch im Unternehmenskontext einsetzen kann. Und das dort verschiedene Wissenschaften wie Erziehungswissenschaften, Psychologie, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften aufeinandertreffen und deren Ansätze und Rahmenbedingungen unter einen Hut gebracht werden müssen.

Im Studium habe ich mich mit dem Thema Personalentwicklung beschäftigt und dabei früh Weiterbildungen zu Moderation, "Train-the-Trainer", Coaching und "E-Training" gemacht. Einige Praktika in Trainingsinstituten und Personalentwicklung von Unternehmen - auch im Ausland - haben dann den Praxisbezug hergestellt. In meinem Engagement bei STUNT e.V. und auch an der Uni habe ich dann Workshops gegeben. Das hat sich herumgesprochen, so dass ich auch gegen Geld Workshops für Auszubildende und Arbeitslose gegeben habe.

Nicht nur, dass ich herausfinden konnte, was zu mir passt. Ich habe durch alle Praxiserfahrungen unbewusst und ungeplant zahlreiche Kontakte gesammelt, die von mir und meiner Arbeit überzeugt sind. Diese haben mir zu Beginn meiner Selbstständigkeit unverhofft Türen geöffnet und standen mir mit Rat und Tat zur Seite. Von diesen Kontakten profitiere ich noch heute durch Austausch, Freundschaften und auch Aufträge. Meistens ist das auch nicht voneinander zu trennen.

Sie haben sich also selbstständig gemacht. Was genau machen Sie heute beruflich?
Ich leite eine Weiterbildungsagentur für die Zielgruppen Auszubildende und junge Führungsnachwuchskräfte mit 15 Trainern und Beratern. Zu den Angeboten zählen unter anderem Einzelcoachings, Trainings, Workshops, strategische Beratungen, Ausbildungen sowie Vorträge.

Wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Nach dem Studium wollte ich eigentlich in die Unternehmensberatung oder Personalentwicklung. Ich habe mir dann aber in einer Auszeit nach dem Studium im Ausland überlegt, dass ich es einfach mal wagen sollte, mich direkt als Trainerin selbstständig zu machen. Wenn es nicht klappt, kann ich mich ja mit meinem Profil immer noch bewerben, habe ich mir gedacht. Glücklicherweise hat das mit der Selbständigkeit funktioniert. Und ich bereue den Schritt nicht.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich würde mir vielleicht noch mehr Zeit nehmen, um Dinge auszuprobieren und definitiv um nochmal ins Ausland zu gehen. Und vielleicht Wirtschaftswissenschaften studieren. Denn so leicht und günstig wie zu Zeiten des Studiums geht das danach nicht mehr.

Sie coachen und beraten Menschen auch beruflich. Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Wir sehen immer die beruflichen Optionen, die wir sehen wollen. Es ist immer hilfreich, bereits während des Studiums Praktika und Nebenjobs zu machen, um herauszufinden, ob das Berufsfeld bzw. Aufgabenfeld etwas für einen ist. Nach dem Studium sollte man sich erst einmal auf etwas festlegen, wobei man nicht immer hundertprozentig sicher sein muss. Die meisten Entscheidungen können wieder neu getroffen werden. Aber gar nichts zu machen, ist keine Alternative. Ich kenne viele, die erst einmal nicht im Traumberuf gelandet sind, aber nun nach ein paar Zwischenstationen dort arbeiten. Der rote Faden war dann auch erst nachher zu erkennen. Den Job zu wechseln ist ja heutzutage auch nichts Besonderes mehr.

Gibt es bestimmte Tipps, die Sie Studierenden geben können, wenn Sie sich um Ihre erste feste Stelle bewerben? Was ist beim Vorstellungsgespräch das wichtigste und was sollten sie unbedingt vermeiden?
Beschäftige Dich vorher mit dem Unternehmen und der Stelle, für die Du dich bewirbst. Überlege Dir, was Deine Motivation für das Unternehmen/ die Institution ist und was Dich an der Stelle fasziniert. Und dann: Sei einfach Du selbst, begegne dem Gegenüber auf Augenhöhe und mit Respekt. Besonders als Berufseinsteiger unterscheidest Du dich nicht maßgeblich durch Deinen Lebenslauf, sondern nur durch Deine Persönlichkeit, die entweder zum Unternehmen passt oder nicht. Das bedeutet, nicht immer geben Deine Kenntnisse und Erfahrungen den Ausschlag, sondern vielmehr inwiefern die persönliche Ebene passt.

Wie war der Schritt in die Selbstständigkeit?
Durch meine im Studium gesammelten Kontakte lief es erst einmal sehr gut. Dennoch ist eine Selbstständigkeit, unterstützt durch die Vorteile des Studiums, nicht mit einer "richtigen Selbstständigkeit", geschweige denn Unternehmertum zu vergleichen. Es gibt ein paar Dinge mehr zu beachten, als einfach nur Aufträge einzusammeln. Ich habe mich dann nämlich mit so vielen Aufträgen - teils auch schlecht bezahlten - überhäufen lassen, so dass ich mich überarbeitet habe, was schließlich in einem Bandscheibenvorfall endete. Dieser hat mich nach 1,5 Jahren Selbstständigkeit dazu gezwungen, mir noch einmal ernste Lebensfragen zu stellen und auch zu klären, ob und inwieweit ich diese Selbstständigkeit möchte. Ich habe mich dafür entschieden; aber einige Rahmenbedingungen wie Wohnort, mein Umfeld, Positionierung und auch Arbeitsvolumen geändert.

Welche Vor- und Nachteile hat die Selbstständigkeit?
Für mich gibt es fast nur Vorteile. Das liegt aber wohl daran, dass ich ein Unternehmertyp bin bzw. einer geworden bin. Ich bin mein eigener Chef, kann mich selbstverwirklichen und meine Freiheit ausleben. Das ist mir wichtig.

Ich bin mir sicher, dass ich in den letzten Jahren mehr gelernt habe, als ich es in einer Anstellung lernen konnte und es ist für mich aktuell der beste Job der Welt. Da ich während des Studiums bereits auf selbstständiger Basis Beratungsprojekte und Trainings durchgeführt habe, war der erste Schritt in die Selbstständigkeit erst einmal nicht so groß. Mir wurde in den angebotenen Jobs nicht das geboten, was ich mir vorstellte. Coachings und Trainings hätte ich erst zehn Jahre später machen dürfen und viel Konzeptarbeit bzw. Studien durchführen müssen. Letzteres - und das weiß ich heute - liegt mir nicht so gut bzw. macht mir wenig Spaß. Ich wollte gerne direkt mit den Menschen arbeiten, organisieren können und auch die unternehmerischen Dinge dazulernen.

Aufgaben, die mir weniger liegen, gebe ich entweder an Mitarbeiter oder externe Dienstleister ab oder ich erledige sie zu dem Zeitpunkt, an dem ich Lust darauf habe. Das ist also auch kein Nachteil. Mit der Zeit mag ich das früher sehr geliebte Reisen nicht mehr so sehr. Ich bin viel unterwegs und manchmal brauche ich morgens 10 Minuten nach dem Aufwachen, um zu wissen, wo ich bin. Das ist die Aufgabe für dieses und die nächsten Jahre, die Reisetätigkeit herunterzufahren und mich mehr auf den Vertrieb und die Akquise von Aufträgen zu konzentrieren.

Ein nicht immer bewusster Nachteil ist, dass ich natürlich bei allem, was ich tue verantwortlich für mein Einkommen und das meiner Mitarbeiter sowie das Zahlen von Rechnungen externer Dienstleister bin. Das hat mich in schlechten Zeiten sehr unter Druck gesetzt. Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt, bin zuversichtlicher und setze im Falle des Falles auf Plan B bis Z. Glücklicherweise (toi, toi, toi) sind schlechte Zeiten auch seit ein paar Jahren nicht mehr vorgekommen. Und das macht dann den Job auch wieder zum Vorteil, da dies die immerwährende Herausforderung ist, die den Job so spannend und abwechslungsreich macht.

Welcher Tätigkeit gehen Sie bei Ihrer Arbeit am liebsten nach?
Für mich gibt es nicht DIE Tätigkeit, der ich in meiner Arbeit am liebsten nachgehe. Die Mischung macht´s. Ich organisiere gerne, kümmere mich gerne um das Marketing, telefoniere mittlerweile sehr gerne mit Kunden und erarbeite gemeinsam Konzepte mit ihnen, trainiere gerne Auszubildende und Führungsnachwuchskräfte, halte Vorträge vor Ausbildern und Personalleitern, liebe den Adrenalinkick bei Pitches und mag es aber auch gerne, morgens mit einer gemütlichen Tasse Kaffee erst einmal E-Mails zu lesen.

Früher mussten Sie sich selbst um Arbeitsstellen bewerben. Wie ist es, heute häufig auf der anderen Seite zu sitzen und Unternehmen bei der Personalauswahl zu beraten?
Da ich einige Zeit auf der anderen Seite Leute eingestellt habe und auch entlassen musste, kann ich sagen: Es gibt keine bessere Seite. Die Aufregung ist sicherlich als Bewerber höher. Als Personaler die Richtigen herauszufinden und auch selbst etwas anzubieten, damit die geeigneten Bewerber sich auch für den Job entscheiden, ist auch nicht immer einfacher - vom Entlassen ganz zu schweigen. Das macht nämlich keinem Spaß.

Was tun Sie neben ihrer beruflichen Arbeit gern als Ausgleich in Ihrer Freizeit?
Meine berufliche Arbeit ist nicht immer scharf von meiner Freizeit zu trennen. Einige meiner Kollegen und Kunden sind auch Freunde, mit denen ich privat Zeit verbringe. Im letzten Jahr habe ich beispielsweise vier Wochen "Urlaub" in Barcelona gemacht. Da habe ich meinen Laptop einfach mitgenommen und von dort ein paar Stunden täglich gearbeitet. Es kommt mir aber nicht wie arbeiten vor. Da ich beruflich schon bereits das mache, was mir Spaß macht, sehne ich mich abends nicht nach einem Ausgleich. Gerne treffe ich mich aber natürlich mit Freunden, feiere den Kölner Karneval, gehe gerne gut essen und reise viel durch die Welt.

Wären Sie gern noch einmal Studentin?
Die Zeit als Studentin ist schon sehr besonders. Kein Tag ist wie der andere. Man lernt sehr viele Leute kennen und hat viel Kontakt zu verschiedenen Menschen. Dafür kann man sich kaum etwas leisten. Also vielleicht wegen der Partys und der Menschen würde ich nochmal für eine Woche gerne Studentin sein, aber so wie es ist, ist es auch sehr schön.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
die Zeit, in der ich erwachsen geworden bin.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2015)

...der Geschichtswissenschaft

Andrea Löther, Foto: Erich Lichtenscheid

Name: Dr. Andrea Löther

Alter: 50 Jahre

Beruf: Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung CEWS

Studium: Geschichtswissenschaft und Soziologie, 1984-1990

Abschluss: Magister und Promotion (1997)

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Die große Halle und die kurzen Wege zur Bibliothek und den Sportstätten. Die anregenden Ansätze in der Geschichtswissenschaft, wegen denen ich Mitte der 1980er Jahre als Studentin nach Bielefeld gekommen bin. Und die flachen Hierarchien und die offene Kommunikation mit der Hochschulleitung, die ich als Frauenbeauftragte erlebt habe.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Das Fach Geschichte führt ja nicht zu einem klaren Berufsfeld. Lange Zeit hatte ich während des Studiums das Ziel, in einem Museum zu arbeiten und absolvierte dort Praktika. Während der Studien- und Promotionszeit war ich bereits in der Gleichstellungskommission der Fakultät tätig. Nach meiner Promotion, in der Zeit als Frauenbeauftragte, bewarb ich mich anfangs für Museumsvolontariate und dann stärker in den Bereichen Wissenschaftsmanagement und Gleichstellungspolitik, in denen ich nun arbeite.

Was halten Sie davon, dass in der Grundordnung der Universität Leipzig seit einiger Zeit nur noch die weibliche Personenbezeichnung genutzt wird?
Ich verstehe nicht ganz, wieso diese Entscheidung einen solchen Medienrummel auslöste. Eine geschlechtergerechte Sprache, bei der Frauen nicht nur über Fußnoten angesprochen werden und mitgemeint sind, ist notwendig. Jede Person kann selber ausprobieren, ob sie bei Bezeichnungen wie "Arzt", "Manager" oder "Professor" nicht tatsächlich nur das Bild eines Mannes vor Augen hat.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Ich habe die Universität Bielefeld aus drei verschiedenen Perspektiven erlebt: als Studentin, als wissenschaftliche Mitarbeiterin und als Frauenbeauftragte. Mit jeder Zeit sind eigene Erinnerungen und Wahrnehmungen verbunden. Mein Studium war geprägt durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Mitarbeitenden und die Förderung durch die Professoren. Sehr positiv in Erinnerung ist mir auch die Arbeit in der "Historikerinnen-Gruppe", einer Gruppe von Studentinnen. Wir arbeiteten inhaltlich zu Frauen- und Geschlechterforschung, organisierten ein eigenständiges Kolloquium, mischten uns in die Fakultätspolitik ein und unterstützten uns bei unseren Abschlussarbeiten. Als ich danach als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete, erlebte ich stärker den Konkurrenzdruck. Bei Vorträgen und Diskussionen ging es häufig eher um Profilierung, statt um inhaltliche Fragen.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Als Epoche innerhalb der Geschichtswissenschaft entschied ich mich im Hauptstudium für "Mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte". Schwerpunkte dabei waren Religions- und Sozialgeschichte sowie Geschichte der politischen Theorien und immer quer dazu Frauen- und Geschlechtergeschichte.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Insgesamt würde ich wenig anders machen. Anfang der 1980er-Jahre war es sehr viel schwieriger als heute, Informationen über das Studium zu erhalten. Deshalb hatte ich für den Studienbeginn eine Universität gewählt, die mir mein Geschichtslehrer empfohlen hatte. Das war keine gute Wahl und zum Hauptstudium wechselte ich an die Universität Bielefeld. Durch die vielen Hausarbeiten, die wir im Fach Geschichtswissenschaft schreiben mussten, habe ich gut gelernt zu recherchieren und zu schreiben. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass wir diese außerfachlichen Fertigkeiten - Schreiben, Vorträge halten, Recherchieren - stärker reflektiert hätten. Außerdem hätte ich mehr Englisch lernen sollen.

Wie ist es um die Gleichstellung in der Wissenschaft bestellt: Können sich die Unis auf Erfolgen ausruhen oder ist noch viel zu tun?
Wenn wir auf die Frauenanteile beim wissenschaftlichen Personal und bei den Professuren schauen, hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Der Professorinnenanteil stieg von 10 Prozent im Jahr 2000 auf jetzt 20 Prozent. Allerdings gehört Deutschland im europäischen Vergleich immer noch zur Schlussgruppe. Vor allem haben sich viele Strukturen, die den Verbleib von Frauen in der Wissenschaft behindern, nicht verbessert, sondern die Unsicherheit von wissenschaftlichen Karrieren - Stichwort: befristete Verträge - ist eher größer geworden. Diese Unsicherheit und die schlechten Möglichkeiten, gerade in der Zeit der wissenschaftlichen Qualifikation, Beruf, Privatleben und Familie zu vereinbaren, beklagen inzwischen auch zunehmend Wissenschaftler. Wenn Forschung und Wissenschaft in Deutschland attraktiv bleiben sollen, werden sich die Arbeitsbedingungen ändern müssen. Und solche Strukturänderungen wären dann auch positiv für die weitere Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Inwiefern wäre die Welt eine andere, wenn es mehr Frauen in Spitzenpositionen gäbe?
Die Welt wäre nicht insofern eine andere, als dass Frauen in Spitzenpositionen sich anders verhalten würden oder müssen als Männer. Frauen in Spitzenpositionen haben nicht die Aufgabe, die Welt besser oder netter zu machen. Aber die Welt wäre insofern eine andere, als dass ohne eine grundlegende Änderung von Strukturen nicht mehr Frauen in Spitzenpositionen gelangen können. Ohne eine geschlechtergerechte Aufteilung von Erwerbsarbeit und Care-Arbeit, ohne eine Änderung der Arbeitskultur in Teams, Laboren oder Lehrstühlen, ohne ein Aufbrechen von Geschlechterstereotypen wird es nicht gelingen, dass grundlegend mehr Frauen in Spitzenpositionen gelangen. Allein durch solche Änderungen wäre es wohl eine andere Welt.

Warum gibt es so wenige männliche Gleichstellungsbeauftrage?
Was wir brauchen, sind vor allem mehr Männer, die ein reflektiertes Wissen über die Geschlechterverhältnisse haben. Gender-Kompetenz und die entsprechenden Qualifikationen sind Grundlage für die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte. Dabei will ich nicht unterstellen, dass Frauen qua Geschlecht ein solches Wissen haben. Derzeit ist es allerdings noch so, dass sich Frauen häufiger für Geschlechterverhältnisse und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts interessieren und sich entsprechendes Wissen aneignen. Außerdem steht das Amt der Gleichstellungsbeauftragten in einem Spannungsverhältnis zwischen Interessenvertretung für Frauen und Hochschulmanagement und beinhaltet auch die Beratung von Frauen. Entsprechend sehen viele Landesgesetze die Besetzung des Amtes mit einer Frau vor.

Gibt es etwas, das Sie im Rheinland an Bielefeld vermissen?
Ich wohne in Bonn und arbeite in Köln. Von Beginn an habe ich mich im Rheinland sehr wohl gefühlt. Mir gefällt die Offenheit, der kleine Schwatz mit Unbekannten am Käsestand oder an der Bushaltestelle. Allerdings gibt es etwas, das ich wirklich vermisse: die Bielefelder Universitätsbibliothek - kurze Wege, lange Öffnungszeiten, mal schnell aus dem Büro ein Buch suchen, das hat mir gerade in der Anfangszeit hier sehr gefehlt. Und dann vermisse ich natürlich meine Patenkinder, die in Bielefeld wohnen.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Ein Magisterstudium in den 1980er-Jahren war etwas ganz anderes als ein heutiges Bachelor- oder Masterstudium. Unabhängig davon erscheint es mir wichtig, nach Interesse und Neugierde zu studieren und auch Blicke über möglicherweise enge Fachgrenzen zu wagen. Bei meiner jetzigen Tätigkeit habe ich auch Personalverantwortung. Aus dieser Perspektive möchte ich Studierenden mit auf den Weg geben, Kompetenzen wie das Schreiben von unterschiedlichen Texten, das Erlernen wissenschaftlicher Methoden oder das Arbeiten im Team bewusst zu lernen und zu reflektieren.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2014)

...der Literaturwissenschaft und Linguistik

Dr. Olivier Blanchard, Foto: privat

Name: Dr. Olivier Blanchard

Alter: 43 Jahre

Beruf: Direktor Innovation und Strategie Burda News

Studium: Literaturwissenschaften, 1990-1998

Abschluss: Promotion

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Die große, lebendige und kommunikative Halle - sie ist in ihrer Art ein echtes "Meisterwerk" und ich habe sie damals sehr gemocht.

Nach der Promotion haben Sie sich entschlossen, nicht in der Wissenschaft, sondern in einem Unternehmen zu arbeiten - warum?
Unmittelbar nach der Promotion habe ich mit der Anforschung für ein Postdoc-Projekt am Lehrstuhl begonnen. Nach circa einem Jahr habe ich dann aber beschlossen, eine Auszeit in die Medienwelt zu starten, um zu schauen, ob mich diese - wie bereits zu Studienzeiten - immer noch so faszinierte. Und ja: Ich bin da immer noch, und zwar seit mehr als 15 Jahren. Dennoch bin ich sehr froh, dass die Kontakte zu Universitäten - insbesondere jener in Bielefeld - nie abgerissen sind. Was mir in Unternehmen fehlt, ist die Dimension der Lehre, die mir immer sehr viel Freude bereitet hat. Aus dem Grund nehme ich - wenn der Beruf es zulässt - gerne die Gelegenheit wahr, Lehrveranstaltungen und Vorträge an Unis zu halten.

Welche Aufgaben haben Sie in ihrem aktuellen Job?
In der derzeitigen Aufgabe bei Burda geht es darum, dass die Medienindustrie - wie viele andere Wirtschaftszweige auch - ihren Weg in die digitale Transformation finden muss. Die Fragen, die es zu beantworten und zu lösen gilt sind: Was sind die Produkte für die Märkte und Kunden von morgen? Wie können wir diese Produkte entwickeln und in den digitalen Welten innovieren? Faszinierende Fragestellungen, die uns alle betreffen.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
... irgendwie immer auch Heimat geblieben.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Mit meiner Zeit in Bielefeld verbinde ich sehr gute Erinnerungen an eine sehr lebendige, austausch- und lernintensive, interdisziplinäre Zeit, die von Arbeit und auch viel Spaß geprägt war. An meinem damaligen Lehrstuhl hatten wir ein tolles Team von Doktoranden, Hilfskräften und Gastdozenten, die allesamt sehr viel Zeit und Begeisterung miteinander geteilt haben.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Kulturwissenschaftliche und Alteritäts-Themen haben mich damals äußerst interessiert. So kam am Ende auch das Thema meiner Dissertation zu Simulation, Dissimilation und nicht zuletzt Assimilation in Erzählwerken zustande.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich glaube nein.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Im Studium - wahrscheinlich besonders beeinflusst durch meinen universitär geprägten familiären Hintergrund - habe ich eine akademische Laufbahn immer als "natürlichen Weg" angestrebt. Allerdings habe ich schon früh in meiner Studienzeit in Konstanz für Tages- und Kulturzeitungen nebenher gearbeitet, so dass ich mich früh für das Leben in den "Medien" interessiert habe. Mich hat dabei besonders fasziniert, etwas zu tun, was viele Menschen erreicht - selbst, wenn das Verbreitungsgebiet des "Südkuriers" in Südbaden aus heutiger Sicht relativ überschaubar erscheint. Als dann Mitte der 90er Jahre das Internet allmählich Verbreitung fand, habe ich die Faszination dieses Mediums, das grenzenlos ist, für mich entdeckt - damals sprach man von den "Wissensautobahnen". Mir wurde schnell klar, dass diese Trassen die Welt in einer bis dato nicht vorstellbaren Art verändern würden. Das, was ich heute im Job "Impact" nennen würde, hat mich magisch angezogen. Plötzlich erschien es möglich, schier unendlich viele Leser oder Nutzer zu erreichen. Das war für mich der Gegenpol zu der sehr spitzen Forschungsthematik an der ich - ebenfalls mit viel Freude, aber mit signifikant weniger "Impact" - arbeitete.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Im Studium Vollgas geben. Alles ergründen, was fasziniert. In die Tiefe gehen und Zusammenhänge erkennen sowie herstellen. Aha-Momente der Erkenntnis genießen. Das zu lernen und auszukosten, das ist die Zeit des Studiums. Später im Berufsleben wird es gelegentlich schwieriger, in die Tiefe einzelner Themen und Projekte zu gehen, weil man unter Zeitdruck mit vielen Bällen gleichzeitig jongliert...

Zu welchem Thema haben Sie promoviert?
Es ging um die literarischen und künstlerischen Darstellungsformen der Hypokrisie, also der Heuchelei. In gewisser Weise also um die Frage der Darstellung von in der Lebenswelt nicht Darstellbarem.

Und wie hat sich der Einstieg von der Wissenschaft in die Wirtschaft für Sie gestaltet?
Ich hatte das riesige Glück, einen großartigen ersten Chef und Mentor bei Bertelsmann/Lycos zu haben, der mich fordernd und fördernd begleitet hat. Von ihm habe ich extrem viel gelernt, schnell Verantwortung übertragen bekommen und das in einer immens schnell wachsenden Industrie. Ich war sozusagen zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Als Literaturwissenschaftler haben Sie unter anderem bei der Telekom und bei Microsoft gearbeitet - haben Sie einen Tipp für Geisteswissenschaftler hinsichtlich Berufsfindung und -start?
Nur zwei:
1. Tu wirklich nur das, wofür Du Dich begeisterst.
2. Geh früh in die Arbeitswelten, zum Beispiel durch Praktika während des Studiums, um Dir ein eigenes Bild von der Welt zu schaffen und Kontakte zu etablieren.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2014)

Dietmar Wischmeyer, Foto: Frank Wilde

Name: Dietmar Wischmeyer

Alter: 56

Beruf: Staatlich geprüfter Humorwirt (staatliche Prüfung s.u.)

Studium: Literaturwissenschaft und Philosophie, 1976 bis 1984

Abschluss: Erstes Staatsexamen

Herr Wischmeyer, Sie machen Comedy. Lachen Sie eigentlich auch über sich selbst?
Nein, dafür ist die Sache zu ernst.

Im Oktober 2012 sind Sie zum Jubiläum der LiLi-Fakultät in der Universität aufgetreten. Wie hat Ihnen der Perspektivenwechsel − diesmal standen Sie ja vorne im Hörsaal − gefallen?
Jeder, der einen Aufenthalt in einem Hörsaal der Universität Bielefeld − gleichgültig auf welcher Seite − genießt, ist ein klaustrophil Perverser (gibt es das Krankheitsbild?). Ich hatte völlig vergessen, wie brutal diese lichtlosen Verkündigungs-Grabkammern wirklich sind.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gesetzt?
Cafeteria und Chillen (das hieß damals noch "Abhängen") und am Rande die Literatur der Moderne, deren unauflösbaren Widersprüche. Und in der Philosophie die Erkenntnistheorie.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Versucht irgendwo anders zusätzlich etwas zu lernen, was man tatsächlich braucht, zum Beispiel "gut schreiben", gleich in welcher Disziplin, denn das lernt man an der Uni nirgends. (*Anmerkung) Was auch immer sich technisch weiterentwickelt, eines bleibt: Die Sprache als gut oder weniger gut sitzende Kleidung der Gedanken, oft als der Gedanke selbst und wenn der nicht sitzt, passt nichts.

Eine Ihrer bekanntesten Radio-Comedy-Figuren ist "Günther der Treckerfahrer". Was würde dieser zynische Landwirt sagen, wenn er mit seinem Traktor vor der Universität Bielefeld stehen würde?
Schiet Biogasanlagen, werden auch immer größer und hässlicher!

Nun zu Ihnen und Ihrem Berufsalltag. Ihr Philosophiestudium haben Sie "aus einer momentanen Laune heraus" begonnen. Entstehen Ihre Stücke auch eher spontan oder haben Sie feste Arbeitsabläufe?
Ich habe vor allem feste Abgabetermine, da ist es mit der Launenhaftigkeit schnell vorbei.

Wie sind Sie Komiker geworden und was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Aus der blanken Not heraus, denn nach Absolventen der Philosophie schrie der Arbeitsmarkt noch nie. An meiner Arbeit schätze ich die Eigenverantwortlichkeit und dass man zugleich die Regeln vorgibt, nach denen man sich dann richtet. Anders etwa als bei einem Fußballspieler. Außerdem hält die Profikarriere länger als bei dem, wenn man aufpasst.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Alles − das Gewesene kenne ich ja schon.

Haben Sie Vorbilder im humoristischen Bereich?
Jürgen von Manger, Papst Paul VI. und Fritz the Cat.

Lachen die Leute von heute Ihrer Meinung nach zu wenig − und wenn ja, warum?
Sie lachen wohl kaum weniger als zu anderen Zeiten, aber sie haben die Gründe dafür an Spezialisten delegiert. Unterhaltung ist etwas Passives geworden, das man sich kauft wie viele andere Dienstleistungen auch. Die Zeiten, in denen man in der Runde zusammensaß und sich gegenseitig mit amüsanten Anekdoten unterhielt, sind wohl vorüber. Zudem fehlt fast allen Mitmenschen die Fähigkeit, das eigene Erleben halbwegs launig und dramaturgisch ausgefeilt aufzubereiten. Das meiste, das einem erzählt wird, ist ja so sterbenslangweilig, dass man sich nach einer miesen Vorabendserie geradezu sehnt.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
immer noch da!

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2013)

Name: Timo Teichler

Alter: 28 Jahre

Beruf: Volontär bei Radio Bielefeld

Studium: Interdisziplinäre Medienwissenschaften, 2012 - 2014

Abschluss: Master of Arts

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Dann sehe ich die vielen Studenten, die sich aus der Linie 4 drängeln, im Pulk über die Brücke zum Haupteingang laufen und dann in der vollen Uni-Halle landen. Die Kulisse ist schon besonders im Eingangsbereich.

Wie haben Sie die Zeit Ihres Studiums erlebt? Woran denken Sie gerne zurück?
Im Rückblick hat mir die Uni-Zeit wirklich viel gebracht, vor allem was Planung, strukturiertes Vorgehen, Selbständigkeit und Teamfähigkeit angeht. Das fing dabei an, das Studium, samt aller erforderlichen Kurse, zu planen, und hörte beim Erstellen von Gruppenarbeiten auf. Das sind alles Dinge, bei denen ich Erfahrungen sammeln konnte, die mir auch im Beruf weiterhelfen. Im Team arbeite ich jetzt täglich und bin dabei effektiv - hofft zumindest der Chef ;). Bei der Zusammenstellung meines Kursplans musste ich auch sehr überlegt vorgehen: Wo bekomme ich wie viele Punkte? Was brauche ich für Leistungen und in welcher Zeit kann ich das schaffen? Wenn ich da nicht den ein oder anderen Tipp von Kommilitonen bekommen hätte, dann wären mir bestimmt einige Dinge durch die Lappen gegangen.

Die Kaffeepausen haben sich für diese Gespräche immer ganz hervorragend angeboten. In den Freistunden oben auf der Galerie zu sitzen, hat mir gut gefallen. Genauso wie die Gruppenarbeit zu dem ein oder anderen Referat. Da muss ich auch immer an die Praxiskurse denken. Das Arbeiten im Medienlabor mit Paul John zum Beispiel hat mir sehr gut gefallen, das hat wirklich Spaß gemacht. Zusammen an einem Produkt zu arbeiten, Ideen zu entwickeln, sie umzusetzen und dann gemeinsam zu präsentieren.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt? Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Mir war es wichtig im Studium viel Praxisbezug zu haben. Deswegen habe ich Kurse wie "Hörspiel" und "Campus TV" belegt. Darüber hatten mir Kommilitonen viel Gutes erzählt und sie haben Recht behalten. In den Kursen konnte ich viel lernen, das mir auch jetzt im Beruf geholfen hat. Es waren nicht immer nur große Aspekte, sondern oft Kleinigkeiten, die mir weitergeholfen haben. Und da ich bereits während meines Studiums als freier Mitarbeiter bei Radio Bielefeld tätig war, hatte ich bereits einen Fuß in der Tür. Ich musste aber zusehen, dass ich passend zum Volo-Start mit dem Studium fertig werde.

Was ist Ihnen im Beruf besonders wichtig?
Mir ist es wichtig, dass das Umfeld stimmt und ich mich gut mit meinen Kollegen verstehe. Ich kann mir nicht vorstellen, jeden Tag mit Schlips zur Arbeit gehen zu müssen. Geld macht nicht glücklich und was bringt es mir, viel Geld zu verdienen, wenn ich mich jeden Tag ohne Lust und Spaß zum Job quäle?

Wie war es, das erste Mal im Radio live auf Sendung zu sein?
War ganz okay. Nein, natürlich sehr aufregend. Vor allem weil ich mich im Kopf verrückt gemacht habe: "Oh Gott, jetzt hören dich alle. Versprich dich bloß nicht." Natürlich habe ich mich genau dann versprochen. Mittlerweile habe ich keine Panikattacken mehr.

Was sind die Herausforderungen bei einer Livesendung?
Die größte Herausforderung ist, dass man vieles gleichzeitig machen muss. Du moderierst, guckst mit dem linken Auge auf den Moderationstext, mit dem Rechten auf die Knöpfe, die du drücken musst, und darfst die Uhr auch nicht aus dem Auge verlieren. Tatsächlich muss nämlich viel gerechnet werden. Um halb und zur vollen Stunde müssen die Nachrichten laufen, Musiktitel sollten ausgespielt werden, Werbung muss auch zu einem bestimmten Zeitpunkt gespielt werden, dann sind da noch die Moderationstakes und die Stunde hat halt nur 60 Minuten. Dabei dann noch seriös, aber locker rüberkommen ist eine Herausforderung.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich hätte gerne früher schon gewusst, was ich studieren will.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Erst einmal möchte ich noch mehr lernen und Routine bekommen. Bisher habe ich die Erfahrung gemacht, dass manches in meinem Beruf einfach nicht planbar ist und auch viel mit Glück zu tun hat. Wäre damals bei Radio Bielefeld nicht eine Dame spontan abgesprungen, hätte ich gar nicht so schnell ein Praktikum bekommen. .

Welcher Tätigkeit gehen Sie bei Ihrer Arbeit am liebsten nach?
Fangen wir andersherum an: Ich hasse es die Spülmaschine auszuräumen. Das Aufstehen zur Frühschicht ist zwar nicht schön, das Arbeiten am frühen Morgen aber schon. Das liegt aber auch viel an den Kollegen mit denen ich ab fünf Uhr zusammenarbeite. Ich finde es schön mit den Bielefeldern "aufzuwachen" und mit ihnen in den Tag zu starten. Einen Vorteil hat das frühe Aufstehen auch: ich habe früher Feierabend.

Was tun Sie neben ihrer beruflichen Arbeit als Ausgleich in Ihrer Freizeit?
Grundsätzlich zu wenig. Aber ich sehe zu, dass ich ab und an mein Fitnessstudio von innen sehe und meine sozialen Kontakte pflege. Dabei kann ich am besten abschalten.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Ich habe gemerkt, dass die Kursplanung entscheidend ist. Lieber am Anfang mehr Kurse belegen, denn abwählen geht immer noch. Auf jeden Fall auch den Kontakt zu anderen Mitstudenten suchen. Gemeinsam klappt es besser. Ansonsten übersieht man hinterher noch einen Kurs und kann dadurch nötige Anschlusskurse nicht belegen. Außerdem rate ich schon während des Studiums viel Praxiserfahrung zu sammeln. Das Wichtigste sind Praktika. Dadurch habe ich gemerkt, was mir liegt und was ich mir beruflich gar nicht vorstellen kann. Am besten ist es, wenn man sich im Praktikum nicht versteckt, Ideen mitbringt und eigene Themen umsetzt.

Wären Sie gern noch einmal Student?
Auch wenn die Tage, an denen es erst um 12 Uhr losging und um 14 Uhr schon wieder vorbei war, sehr entspannt waren, bin ich froh, dass ich mit dem Studium fertig bin. Irgendwann reicht es dann auch. Das soll die Uni nicht abwerten, aber alles hat seine Zeit. Ich wollte irgendwann weiter vorwärts kommen und das nicht in der Schlange der Mensa.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
...meine Heimatstadt, auf die ich stolz bin. Das betone ich auch in anderen Städten, was in Form eines ostwestfälischen "ist okay" zum Ausdruck kommt, und damit für uns Bielefelder schon pure Emotion ist. Bielefeld wird mir zu sehr unterschätzt.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2015)

...der Mathematik

Dennis Hagedorn

Name: Dr. Dennis Hagedorn

Alter: 29 Jahre

Beruf: Vorstandsassistent bei der Allianz Versicherung

Studium: Mathematik und Informatik, 2003 bis 2011

Abschluss: Mathematik Diplom und Dr. math.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Ein Schwerpunkt war Spanisch in Madrid zu lernen. Fachlicher Schwerpunkt war die Mathematik und darin die Lehre von Zufall und Risiko und das Messen von Ereignissen.

An der Universität Bielefeld haben Sie viele Stationen durchlaufen: Von der Schülerakademie und Studieren ab 16, über das reguläre Studium bis hin zur Promotion – mit welchen Gefühlen haben Sie der Universität schließlich den Rücken gekehrt?
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich habe eine gute Zeit in Bielefeld erlebt, viele Freunde gewonnen und viele prägende Eindrücke gesammelt. Natürlich habe ich mich auch auf meine neue spannende Tätigkeit gefreut und darauf, in eine neue Welt einzutauchen.

Bei der Allianz haben Sie nun den Job inne, den einst Moritz Kaßmann ausgeübt hat – der wiederum ist inzwischen Professor an der Fakultät für Mathematik der Uni Bielefeld. Ein mathematischer Zufall?
Obwohl einige Mathematiker im Assistenzprogramm sind und die Mathematik aus Bielefeld einen guten Ruf hat, scheint es mir doch eher zufällig. Das Leben besteht aus Zufällen. Einige sind kurios, andere erheiternd und viele spannend. In der Mathematik habe ich Methoden gelernt mit dem Zufall umzugehen.

Sie leben nun in Stuttgart. Vermissen Sie dort etwas, wenn Sie an Bielefeld denken?
Ich nehme Stuttgart als eine Stadt der kurzen Wege und mit einem großen Angebot wahr. Zurzeit entdecke ich weiterhin Neues. Ein wenig vermisse ich das Sonnen auf den Liegewiesen hinter der Universität und die zufälligen Begegnungen in der Cafeteria, der Unihalle und in fachfremden Vorlesungen.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Das Glück, viele interessante Menschen und spannende Themen kennengelernt zu haben. Das interdisziplinäre und internationale Angebot an der Universität Bielefeld habe ich intensiv genutzt: Veranstaltungen im Zentrum für interdisziplinäre Forschung, Erasmus Mundus, internationale Graduierten Kollegs, Seminare des Schreiblabors, die Bibliothek mit den vielen Fachbereichen – und das Alles unter einem Dach.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Um nur einige zu nennen: Teamwork beim Lösen von Übungszetteln in der Bibliothek, Spaß beim Beach Volleyball, Einblicke bei der Herbstakademie, die erste Westend-Party, der Glaskasten, Nacht der Klänge, die Kinderuni, die Weihnachtsvorlesung der Physik, Parties im AudiMin, Austausch in China im Rahmen des Internationalen Graduierten Kollegs, Juravorlesungen – ich habe viele schöne Erfahrungen im Studium gesammelt.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Nein.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Ich wollte auch nach der Zeit an der Universität neue Themen entdecken und dabei mein Wissen aus dem Studium einbringen. Voraussetzung dazu ist für mich ein gutes Team und gute Weiterbildungsmöglichkeiten.

Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Ich habe mich von international tätigen Unternehmen zu Informationstagen einladen lassen. Bei einem Seminar zur Globalisierung hat die Allianz das Vorstandsassistenzprogramm kurz vorgestellt: “An der Seite von Top-Entscheidern bereiten Sie Unternehmensentscheidungen von Tragweite vor, schärfen Ihren Blick für strategisches Denken und taktisches Geschick.” Das erschien mir sehr reizvoll und das ist es auch.

Welche Versicherung sollte Ihrer Meinung nach jeder unbedingt haben?
Eine Kranken- und eine Haftpflichtversicherung sollte jeder haben. Am besten auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung, um das Einkommen zu sichern.

Zieht es Sie zurück in die Wissenschaft?
Zurzeit habe ich eine spannende Aufgabe, die mich vollständig ausfüllt. Den Kontakt zur Wissenschaft halte ich aber weiterhin aufrecht. Meine theoretischen Kenntnisse erweitere ich weiterhin unter anderem durch die Ausbildung zum Aktuar, wo ich die Theorie der Versicherungen lerne.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Nutzt die Möglichkeiten und die Freiheit des Studium: Folgt Euren Interessen, entdeckt das riesige Angebot der Uni und lernt Studierende mit anderen Hintergründen kennen – schaut über den berühmten Tellerrand, Bielefeld bietet dazu viele Möglichkeiten.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
eine Stadt, in der ich eine tolle Zeit mit vielen Einblicken hinter die Kulissen erlebt habe.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2013)

...der Physik

Dr. Simon Golin, Foto: Carlos Bank

Name: Dr. Simon Golin

Alter: 56 Jahre

Beruf: Leiter des Beratungsunternehmens Golin Wissenschaftsmanagement, Hamburg

Studium: Physik und Mathematik, in Bielefeld promoviert, 1982-1986

Abschluss: Dr. rer. nat.

Wie wird man als promovierter Physiker Wissenschaftsmanager?
Indem man den Stellenteil der ZEIT liest: Darüber habe ich fast alle meine Positionen gefunden.

Was genau macht ein Wissenschaftsmanager?
Wissenschaftsmanagement ist ein diffuser Begriff. Es gibt in der Szene noch keine Verständigung über eine genaue Definition. Für mich persönlich geht es darum, wissenschaftsnahe Projekte zu machen, aber keine eigene Forschung mehr. Und in der Regel muss man seinen Stuhl noch selbst anwärmen, weil die Arbeitsstellen über keine Routinen verfügen.

Sie beraten unter anderem Hochschulen: Welchen Rat würden Sie der Universität Bielefeld geben?
Beraten heißt für mich nicht, Ratschläge zu erteilen. Wissenschaftler wollen in aller Regel keine Ratschläge, sondern lieben es, zu ihren Problemen selbst Lösungen zu finden. Meine Rolle ist es, institutionelle Diskursprozesse zu unterstützen und insbesondere - angesichts der unterschiedlichen Interessenslagen - zu "zivilisieren". Doch wenn ich für die Universität Bielefeld einen Ratschlag frei hätte: Wie wäre es mit einer Strategie, die Bielefeld noch klarer von anderen mittelgroßen Hochschulen unterscheidbar machte?

Gedankenspiel: Sie können entweder mit Albert Einstein oder mit Stephen Hawking zu Abend essen. Für wen entscheiden Sie sich?
Was für eine Frage, für Einstein natürlich!

Warum?
Das Gespräch wäre witziger. Und mit Einstein könnte man trefflich über politische und gesellschaftliche Fragen reden.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Außen Beton, das Unigebäude ist nicht gerade ein Schmuckstück, und innen eine quirlige Halle, in der ich Freunde und Bekannte aus den verschiedensten Fakultäten treffen konnte.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit Ihrer Promotion an der Universität Bielefeld?
Es war eine Zeit großer Freiheit. Vor allem zu Beginn hatte ich das Gefühl, über unendlich viel Zeit zu verfügen. Doch zwischendurch hat mich zweimal die Krise erwischt, als ich feststellen musste, dass bereits andere Wissenschaftler dieselben Ergebnisse vor mir gefunden hatten. Beide Male war daher für mich ein inhaltlicher Neuanfang nötig. Kurz gesagt, man bekommt den Doktortitel nicht zuletzt auch als Belohnung für eine Phase des Leidens.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Was mich an der Bielefelder Physik gereizt hat, war der Schwerpunkt in Mathematischer Physik. Und mein Doktorvater Philippe Blanchard hat es immer geschafft, interessante Wissenschaftler zu Tagungen oder sogar längeren Aufenthalten nach Bielefeld zu holen.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich hätte viel früher an meinen kommunikativen Fähigkeiten arbeiten sollen. Das wäre mir auch in der Wissenschaft gut bekommen. Und vor allem hätte ich schon damals mehr Kontakte zu Menschen außerhalb der Universität knüpfen sollen.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Im Verlauf meines Studiums und meiner Promotion hatte ich mit Professoren zu tun, die "die Welt draußen" ausschließlich vom Hörensagen kannten. Auch ich war zunächst ganz auf eine wissenschaftliche Laufbahn festgelegt. Doch dann gab ich mir ein Jahr zum Ausprobieren einer Position außerhalb der Forschung. Und was soll ich sagen? Der Appetit kommt beim Essen: An der Tätigkeit außerhalb der Universität hat mir gefallen, dass man den Sinn der Arbeit viel klarer sieht.

Welcher Tätigkeit gehen Sie bei Ihrer Arbeit am liebsten nach?
Was mir am besten gefällt, ist die Kontaktmöglichkeit zu Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen - nicht nur zu Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, sondern auch zu Journalisten, Personen aus der Wirtschaft, dem Non-Profit-Bereich, der Politik et cetera. Und immer habe ich mit intelligenten Menschen zu tun, wenn auch oft mit sehr eigenwilligen.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Die Welt ist voller Langweiler, auch an Hochschulen. Doch ab und zu lässt sich unter den Kommilitonen ebenso wie unter den Dozenten ein inspirierender Geist entdecken - muss ich mehr sagen?

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich ...?
... immer fremd geblieben. Ich fühle mich nur in großen Städten zu Hause. Doch an der Universität Bielefeld konnte ich in meinem fachlichen Bereich glücklicherweise Menschen aus aller Welt kennenlernen.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2014)

Dr. Frank Wittbracht, Foto: privat

Name: Dr. Frank Wittbracht

Alter: 32 Jahre

Beruf: Senior Manager, Head of Advanced Development Product & Process

Studium: Physik im Bachelor (2004-2007), Nanowissenschaften im Master (2007-2009), (freie) Promotion (2009-2012)

Abschluss: Promotion

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Ein grauer Betonbau. Sicherlich ist es nicht das schönste Gebäude, aber die Funktionalität überwiegt: Als ich in meinem Physikstudium Veranstaltungen der Fakultäten Chemie und Biologie besucht habe, musste ich nicht erst durch die halbe Stadt fahren, sondern nur einmal die Uni-Halle durchqueren.

Wie haben Sie die Zeit Ihres Studiums erlebt? Woran denken Sie besonders gern zurück?
Zunächst erinnere ich mich natürlich an Kommilitonen und Kollegen, an Freundschaften, die sich aus der Studienzeit ergeben haben und immer noch bestehen. Zu den schönsten Erlebnissen zählen sicherlich die Konferenzteilnahmen. Ich habe immer gerne die Möglichkeiten intensiv genutzt, meine Forschungsergebnisse zu präsentieren und glücklicherweise wurde es mir ermöglicht an einigen internationalen Konferenzen teilzunehmen, dort weltweit führende Forscher kennenzulernen und für die Aktivitäten in unserer damaligen Arbeitsgruppe zu werben.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt? Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Spezialisiert habe ich mich auf den experimentellen Bereich der Festkörperphysik, insbesondere Magnetismus, und Mikrofluidik. Ich konnte mich nie entscheiden, ob mich Magnetismus oder Mikrofluidik mehr interessiert. Als die Entscheidung bezüglich des Themas der Bachelorarbeit anstand, bekam ich in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andreas Hütten, meinem späteren Doktorvater, die Möglichkeit in einem neuen Team diese beiden Themen zu kombinieren.
 

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums? Haben Sie diese Ziele erreicht?
Berufliche Ziele haben sich für mich immer verändert und das tun sie bis heute. Ich hätte zu Beginn des Studiums beispielsweise nicht gedacht, dass ich promovieren werde.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Nein.

Welcher Tätigkeit gehen Sie bei Ihrer Arbeit am liebsten nach?
Am meisten Spaß macht mir der Kundenkontakt. Dabei geht es oftmals darum, wie die technische Lösung für ein spezielles Problem des Kunden aussehen kann. Ebenso ist natürlich die Wirtschaftlichkeit dieser Lösung von Interesse.

Was ist Ihnen wichtig an einem Job?
Ich darf nie das Gefühl haben, dass ich mich zur Arbeit quälen muss. Automobile haben mich schon immer fasziniert - von den kleinsten Fahrzeugen bis hin zu Luxuslimousinen. Ich wollte immer wissen, was technisch möglich ist. Diese Leidenschaft für Automobile bringe ich jetzt in meinen Job ein.

Was tun Sie neben ihrer beruflichen Arbeit als Ausgleich in Ihrer Freizeit?
Sport spielt für mich eine wichtige Rolle, aber auch ein schöner Abend mit Freunden und der Familie eignet sich wunderbar, um den Kopf freizubekommen.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Ich kann allen naturwissenschaftlichen Studierenden nur raten, ein Praktikum in der Industrie zu machen, auch wenn das bedeutet, dass man länger für das Studium braucht. Ich habe kein Praktikum gemacht und weiß, dass es zeitlich schwierig ist. Trotzdem würde ich es jedem empfehlen. Oder man schreibt die Abschlussarbeit in einem Unternehmen. Für beide Seiten hat das große Vorteile. Das Unternehmen lernt den Studierenden kennen, der Studierende das Unternehmen. Der Kontakt zur Industrie ist ein großes Plus. Man hat später einen einfacheren Zugang, weil man viel eher mitbekommt, ob es freie Stellen gibt.

Wären Sie gern noch einmal Student?
Nein. Das darf man nicht falsch verstehen. Mir hat das Studium immer viel Spaß gemacht, aber alles hat seine Zeit und ich bin froh, dass ich diesen Abschnitt erfolgreich abgeschlossen habe.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
... über die vergangen Jahre immer wichtiger geworden. Obwohl ich im Bielefelder Umland aufgewachsen bin, hatte ich nie großen Bezug zu der Stadt und empfand Bielefeld auch nicht als besonders schön. Meine Einstellung zu Bielefeld hat sich verändert. Vielleicht liegt es daran, dass sich Bielefeld deutlich zum Positiven entwickelt hat und ich nun auch die schönen Ecken der Stadt kenne.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2015)

...der Psychologie

Sandra Ritter, Foto privat

Name: Sandra Ritter

Alter: 44 Jahre

Beruf: Leiterin Personal und Mitglied der Geschäftsleitung am Hannover Airport

Studium: Psychologie, 1990-1996

Abschluss: Diplom

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Ich habe mich auf die Wirtschaft spezialisiert, das nannte sich "Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie". Trotzdem hat man in Bielefeld auch die anderen Schwerpunkte hören müssen und dürfen. Das hat mir gut gefallen, denn ich bin vom Herzen her eine Generalistin - und als Personalerin muss man das auch sein. Fachidioten gibt es schon genug auf dieser Welt!

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich hatte zwar einige Praktika während des Studiums gemacht, aber rückblickend würde ich versuchen, noch mehr Praxiserfahrungen zu sammeln. Die helfen ungemein bei der Berufswahl. Außerdem war ich drei Monate an der UCLA in Kalifornien. Das hätte gerne länger dauern können.

Sie arbeiten seit vielen Jahren als Personalerin - inwiefern kommen in diesem Bereich Ihre psychologischen Kenntnisse zum Einsatz?
Ehrlich gesagt relativ selten. Aber typische Themen, bei denen ich deutlich von meinem Studium profitiere sind Auswahlverfahren und Persönlichkeitstest in der Rekrutierung. Es wäre hilfreich gewesen, im Studium mehr betriebswirtschaftliche Themen vermittelt bekommen zu haben.

Welche Fehler sollte man als Bewerber im Vorstellungsgespräch unbedingt vermeiden?
Das wichtigste ist, sich gut vorzubereiten. Man sollte sich gut über das Unternehmen und die ausgeschriebene Position informieren. Ich bin immer wieder überrascht, wie ahnungslos viele Bewerber in ein Bewerbungsgespräch gehen.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Macht das, wozu Ihr Lust habt! Sich für Themen zu engagieren, nur weil sie vielleicht auf dem Arbeitsmarkt gut ankommen, ist falsch. Man kann etwas nur richtig gut machen, wenn man mit Herzblut dabei ist.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Ein vielleicht nicht ganz schönes Gebäude, welches ich aber immer als ungemein praktisch empfunden habe, da alles unter einem Dach war.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Ich denke manchmal, wie schön es doch wäre, mal wieder Studentin zu sein. (lacht) Das ist natürlich ein etwas verklärter Blick in die Vergangenheit, aber man war in seiner Tagesgestaltung schon deutlich flexibler, als man es heute in der "beruflichen Tretmühle" ist. Trotzdem war das Studium natürlich zeitweise auch extrem anstrengend und nervenaufreibend, da es in meiner Prüfungsordnung Wochen mit diversen parallelen Prüfungen und Klausuren gab. Für diese musste man dann gleichzeitig lernen, das war schon etwas grenzwertig.

Welche Erkenntnis haben Sie aus Ihrem Auslandssemester in Los Angeles mit nach Hause genommen?
Ich hatte den Eindruck, dass Bielefeld und Los Angeles zwei völlig verschiedene Welten sind. Nach der Rückkehr kam mir hier in Deutschland alles klein und provinziell vor. Ich wäre am liebsten in Kalifornien geblieben - mag natürlich auch am Wetter gelegen haben.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Ich wollte immer in die Personalarbeit, da hat sich bei mir wenig geändert.

Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Den Berufseinstieg habe ich bei der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG gefunden. Hier habe ich mich damals initiativ beworben. Nach fünf Jahren las ich dann eine Stellenanzeige vom Hannover Airport als "Leiterin Personalentwicklung" und habe mich dort beworben. Nach einigen Jahren wurde dann die Personalleitung vakant und ich habe die Chance bekommen, den Job zu übernehmen.

Sie arbeiten am Flughafen: Ist Fernweh da an der Tagesordnung und was ist ihr liebstes Reiseziel?
Ja, Fernweh kenne ich gut. Aber man gewöhnt sich daran, jeden Tag Menschen zu sehen, die in den Urlaub fliegen. Manchmal geht man an der Abflugtafel im Terminal vorbei und denkt: "Ach, das wäre ja jetzt ein schönes Ziel!" Inspirationen für Reisen bekommt man hier quasi täglich. Daher habe ich auch kein Lieblingsziel, ich mag es, verschiedene Arten von Urlauben zu erleben. Aber meist sind es keine Strandurlaube, bei denen ich nur in der Sonne liege. Ich liebe Aktivitäten und Erlebnisse.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
...immer noch eine Reise wert, gerade weil dort nette Menschen leben!

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2014)

Barbara Zeller, Foto: Gerd Scheller

Name: Barbara Zeller

Alter: 61 Jahre

Beruf: Psychotherapeutin

Studium: Psychologie in Graz, Mainz und Tübingen, 1972 bis 1978, Entwicklungssoziologie in Bielefeld, 1991 bis 1996

Abschluss: Diplom in Psychologie

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
In Bielefeld liebte ich die perfekte Bibliothek, wo man praktisch nie vor verschlossener Tür stand. Außerdem mochte ich, wie leicht man Kontakt zu Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie Lehrenden bekam: In dem besonderen Uni-Gebäude, lief man sich ja ganz von alleine ständig über den Weg.

Sie bieten auch Psychotherapie in englischer und französischer Sprache an – mit welchen Herausforderungen ist das für Sie verbunden?
Die fremdsprachliche Therapie, ermöglicht es mir mitten in Bielefeld, Klientinnen und Klienten zu begleiten, die hier noch gar nicht ganz angekommen sind und noch viel von dem Fremden der Welt da draußen in sich tragen. Das macht Spaß.

Was tun Sie, um einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit zu schaffen?
Im Garten werkeln, mit Freunden kochen, Bielefelds Musik-, Theater- und Tanzszene genießen, mit dem Hund im Teuto joggen, im Winter auf der Ofenbank sitzen und lesen und im Urlaub natürlich reisen.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Heute haben die Studierenden sehr viel weniger Spielraum, selbst zu entscheiden, welche Seminare sie interessieren, als ich damals im Studium. An so detaillierte Vorgaben, wie es sie heute im Studium gibt, musste ich mich erst im Beruf gewöhnen. Ich möchte ihnen sagen, dass sie sich im Studium möglichst schlau organisieren sollen, damit sie genug Zeit finden, wirklich das zu erforschen, was sie interessiert und das Leben schon während des Studiums zu genießen. Ein halbjähriger Forschungsaufenthalt in Bonkoukou in Niger (Westafrika), war das “Highlight” meiner Entwicklungssoziologiestudien in Bielefeld! Dort habe ich biografische Interviews mit sesshaften und nomadisierenden Targias (Tuaregfrauen) führen können. Ich wollte wissen, ob sie ihre freiheitliche und eigenständige Lebens- und Wirtschaftsweise und liberale Religionsauffassung, fast schon matriarchal, die sie als muslimische Nomadinnen hatten, auch nach der Sesshaftwerdung im Dorf beibehalten oder ins Patriachat zurückfallen würden. (Zitat einer Nomadin (Ramatou): “Nur Mohammed war fähig so gerecht zu seinen Frauen zu sein, dass er mehrere Frauen gleiches zu geben vermochte, weil das unsere Männer nicht vermögen, können sie eben nur eine Frau heiraten.“) Fazit war: Leider ging ihre Freiheit und ihr eigenes, unabhängigeres Besitz- und Erbrecht und die liberale muslimische Denkweise im Dorfleben tatsächlich immer mehr verloren.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Sehr gutes und anregendes Studien- und Forschungsklima bei den Entwicklungssoziologen, besonders bei Frau Professorin Dr. Gudrun Lachenmann.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Hier in Bielefeld war eine solide und gute Vorbereitung auf mein Forschungsvorhaben im Ausland möglich.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Nein – besonders die Ermutigung, die ich hier erfahren habe, um alleine für eine Feldforschung nach Afrika zu gehen, war wunderbar. Die Promotion zu Ende zu schreiben habe ich allerdings nicht geschafft: drei Jobs gleichzeitig bewältigen: ein Neugeborenes versorgen, an der Promotion arbeiten und nebenher noch das nötige Geld für alles verdienen. Aber wirklich schlimm ist es aus heutiger Sicht nicht, dass ich das zweite Studium nicht mit der Promotion abgeschlossen habe, weil ich als Psychotherapeutin ja einen soliden Erstberuf mit guter Weiterbildung und viel Berufserfahrung schon damals hatte.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Ich wollte nach meinem Bielefelder Studium eigentlich in die Entwicklungszusammenarbeit gehen und zukünftig im Ausland arbeiten. Ich bin danach zurück in meinen Erstberuf als Psychotherapeutin. Dabei habe ich den erst nach meinem Zweitstudium so richtig mit Leidenschaft zu leben begonnen.

Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Mich hat immer interessiert, warum manche Kommunikationsprozesse innerhalb Familien, Gruppen, aber auch in beruflichen Zusammenhängen so unsinnig und frustrierend sein können, dass Menschen daran so leiden, dass sie ernsthaft krank werden und das eigene Leben oder das anderer dadurch erheblich verstören. Es ist für mich jedes Mal ein Wunder, dass es Klientinnen und Klienten, mithilfe von 10 bis 80 Stunden Therapie, möglich ist, so viel reifer und glücklicher zu werden, dass sie schwerste Symptome überwinden und ihre Energie wieder frei kriegen für sich, ihre Familien, Freunde und Kollegen und so viel Leid nicht mehr weiter von ihnen reproduziert wird, sondern umgewandelt ist in konstruktive Lebensenergie, egal wie alt sie bei Therapiebeginn schon sind.

Können sich die Patienten bei Ihnen auf die Couch legen?
Ja, wenn sie möchten: Für das Erlernen von Autogenem Training und einer tiefenpsychologischen Technik mit inneren Bildern, die sich “Kathathymes Bilderleben“ nennt.

Welche psychotherapeutische Methode praktizieren Sie?
Ich bin immer zweigleisig gefahren: Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie. Ich finde beides ergänzt sich perfekt, weil man mit dem Psychoanalytischen Denken die Erkenntnisse der Säuglingsforschung und die komplexe frühe Lerngeschichte sowie die Kognitionen der ersten Lebensjahre viel besser erfassen kann, als wenn man “nur” in verhaltenstherapeutischen Begriffen denkt.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
eine Möglichkeit, Interessantes zu studieren und zu arbeiten und – ohne besonders viel Geld – wunderschön wohnen und einen eigenen Garten haben kann.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2013)

...der Rechtswissenschaft

Dr. Katharina Giere, Foto: Polizei

Name: Dr. Katharina Giere

Alter: 55 Jahre

Beruf: Polizeipräsidentin

Studium: Rechtswissenschaften, 1975 bis 1982

Abschluss: Zweites juristisches Staatsexamen

Haben Sie schon mal etwas Verbotenes getan? Wenn ja, was?
Auf jeden Fall verjährt.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Keine. Ich hatte bis zum Schluss die Hoffnung, dass sich die "Erleuchtung" einstellt, wo meine "Berufung" liegt. Leider habe ich darauf vergeblich gewartet.

Wie sind Sie dann zu Ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung bin ich recht banal vorgegangen. Ich habe die mir für die Berufswahl wichtig erscheinenden Aspekte zusammengetragen und sie nach ihrem Stellenwert grob sortiert. Dann habe ich Erfahrungen aus meinen Praxisstationen, aber auch Informationen aus meinem Umfeld damit abgeglichen. Auf diese Weise entschied ich mich, es mit der Verwaltung zu versuchen − und hatte Glück damit.

War oder ist es für Sie als Frau in einer Führungsposition manchmal schwierig, sich im Polizeiwesen durchzusetzen?
Es ist für mich nichts Neues, in einer Behörde zu arbeiten, die noch sehr von Männern geprägt ist. Der Frauenanteil insgesamt wächst aber von Jahr zu Jahr deutlich. Was die weiblichen Führungskräfte im Polizeivollzugsbereich angeht, ist aber noch einiges zu tun.

Was halten Sie davon, eine gesetzlich geregelte Frauenquote für weibliche Führungskräfte einzuführen?
Da alle anderen bisherigen Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren, spricht viel für eine Quote. Erfreulich wäre es, wenn wir in absehbarer Zeit Frauen spürbar in Führungspositionen zu sehen bekämen. In der Rückschau kann man zumindest für den öffentlichen Dienst feststellen, dass auch durch die Quote einiges in Bewegung gesetzt wurde. Die vor Einführung seinerzeit geäußerten Bedenken unterscheiden sich nach meiner Bewertung nicht grundlegend von den jetzigen Argumenten.

Sie haben in Bielefeld studiert und anschließend einige Jahre in anderen Städten gearbeitet. Was hat Sie bewogen, in Ihre Studienstadt zurückzukehren?
Es ergab sich die Möglichkeit, die Leitung des Polizeipräsidiums zu übernehmen. Ich habe Ostwestfalen und die Stadt Bielefeld immer als attraktive und lebenswerte Region empfunden.

Was hat sich seitdem verändert?
Ich habe Bielefeld noch als großes Sanierungsgebiet erlebt. Der innerstädtische Bereich und auch "Viertel" wie der Siegfriedplatz haben eindeutig gewonnen.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Eine für Studienzwecke gut eingerichtete Arbeitsstätte, in der man sich nicht verliert.

Sie haben vorher das Polizeipräsidium in Recklinghausen geführt. Gibt es aus Polizeisicht in Bielefeld Besonderheiten?
In Bielefeld für eine Großstadt und nicht wie in Recklinghausen für elf Kommunen zuständig zu sein, bietet andere Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern, insbesondere mit der Stadt. Im Gegensatz zum Polizeipräsidium Recklinghausen verfügt das Polizeipräsidium Bielefeld als eines von sechs Polizeipräsidien in NRW über Spezialeinheiten (Spezialeinsatzkommando, Mobiles Einsatzkommando und Verhandlungsgruppe). Außerdem bin ich hier in Bielefeld mit der Autobahnpolizei für die Autobahnabschnitte in Ostwestfalen verantwortlich.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Auch bei zielorientiertem Studienverlauf erlebt man eine Lebensphase mit vielen Freiräumen und Möglichkeiten, die man bewusst nutzen und genießen sollte.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich ...
eine Stadt zum Wohlfühlen.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2013)

Barbara Pape, Foto: privat

Name: Barbara Pape

Alter: 60 Jahre

Beruf: Leiterin Abteilung Personal und Recht in der Artur Stoll GmbH

Studium: Rechtswissenschaften, 1973-1980

Abschluss: Zweites Staatsexamen

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
a) Wie schön sie abends aussieht, wenn die etwas schroffen Konturen verschwimmen und die Lampen in den Gewächshäusern brennen.

b) Die engagierten Menschen, die ich dort kenne und schätze.

c) Ich bin begeistert von dem Neuen, das auf dem Campus entsteht und ein Gewinn für Bielefeld ist.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Die zentrale Halle war verqualmt, es gab wenig Wohnraum für Studenten, kaum studentisch geprägte Gastronomie und auch noch keine Straßenbahnanbindung in die Stadt. Außerdem: Die guten Bedingungen in der Bibliothek, die auch viele Münsteraner Studenten anlockten.

Sie sind in der Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB) aktiv. Aus welchen Gründen engagieren Sie sich für die Stadt?
Wie viele "Zugereiste" habe ich diese Stadt schätzen gelernt. Sie hat eine angenehme Größe − nicht zu unpersönlich aber auch kein "Nest", sehr gute Wohnlagen mit guter Verkehrsanbindung und dennoch im Grünen zu bezahlbaren Preisen, ein breites kulturelles Angebot, nette Lokale und angenehme Menschen. Natürlich gibt es immer Verbesserungspotential. Ich möchte nicht nur kritisieren, sondern mich aktiv einbringen. Das macht zufriedener.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Zivil- und Handelsrecht

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Natürlich − vieles! Sonst hätte ich ja in über 30 Jahren nichts dazugelernt!

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Das war noch nicht so klar umrissen, eher was ich nicht wollte − Strafrecht zum Beispiel. Die Tätigkeit als Rechtsanwältin konnte ich mir aber gut für mich vorstellen.

Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Nachdem ich bereits mehrere Jahre als freiberufliche Rechtsanwältin Mandate für meinen jetzigen Arbeitgeber wahrgenommen hatte, habe ich mich auf die freigewordene Stelle als Personalleiterin und Unternehmensanwältin beworben.

Haben Sie beim Führen von Bewerbungsgesprächen schon mal Skurriles erlebt?
Außergewöhnlich waren die Gespräche kurz nach der Wende in den neuen Bundesländern. Wo noch keine geeigneten Büroräumlichkeiten vor Ort waren, haben wir damals die Bewerbungsgespräche häufig in Gaststätten oder Hotellobbys geführt.

Haben Sie konkrete Tipps für Bewerber?
Terminbestätigung und Pünktlichkeit ist bei einem persönlichen Gesprächstermin immer noch wichtig. Bei einem "konservativen" Betrieb sollte die Aufmachung nicht zu schrill sein. Gute Umgangsformen kommen auch heute noch gut an. Mit einer guten Vorbereitung auf den Gesprächstermin kann man punkten: das heißt Kenntnisse über Produktpalette und Aufstellung des Betriebs, eventuell Aktuelles aus der Branche.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Es ist ein wichtiger und wunderschöner Lebensabschnitt − das sollte man sich immer wieder bewusst machen.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
zurzeit wieder die freundliche Baustelle am Teuto.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2013)

...der Soziologie

Ulrich Vogel, Foto: Universität Bielefeld

Name: Ulrich Vogel

Alter: 65 Jahre

Beruf: bis 31.12.2014: Dezernent für Finanzmanagement der Universität Bielefeld, ab 1.1.2015: Pensionär

Studium: Soziologie, 1970-1975

Abschluss: Diplom-Soziologe

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Die Universität Bielefeld ist ein Erfolgsmodell, sowohl was die Ausbildung von Studierenden, insbesondere aus der Region, als auch was die nationale und internationale Forschung anbelangt.

Wie haben Sie die Zeit Ihres Studiums erlebt? Woran denken Sie gerne zurück?
Es war ein schöner Lebensabschnitt. Ich habe viele Studienkolleginnen und -kollegen kennengelernt und konnte ohne berufliche Zwänge unbeschwert studieren.

Sie gehörten mit zu den ersten Studierenden. Haben Sie sich damals ein wenig wie ein Versuchskaninchen oder wie ein Pionier gefühlt?
Einerseits fühlten wir uns als "Pioniere" in der einzigen eigenständigen Fakultät für Soziologie in Deutschland mit dem Konzept der aktiven Professionalisierung durch Praxisschwerpunkte. Das heißt, das Studium war ausgerichtet auf konkrete Arbeitsfelder. Andererseits waren wir aber auch "Versuchskaninchen". So habe ich 1972 als studentische Hilfskraft bei Klaus Hurrelmann gearbeitet. Er untersuchte mit sozialwissenschaftlichen Methoden an uns Studierenden, wie sich die Entwicklung des Lehrplans oder die Entwicklung der Rahmenrichtlinien auf uns auswirkten.

Sie haben bei Niklas Luhmann gelernt. Wie war das damals?
Luhmann hat Ideen und Überlegungen zu seinen aktuellen Forschungen in die Lehrveranstaltungen einfließen lassen. Er hat uns zum Beispiel zu sich nach Hause eingeladen. Wir sollten ihm dann Anregungen zu seinen neuesten Texten geben und Kritik üben. Ebenfalls hat er mir 1974 seinen legendären Zettelkasten gezeigt und mir die Systematik erläutert.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Empirische Sozialforschung und Regional- und Raumplanung

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums? Haben Sie diese Ziele erreicht?
Mein berufliches Ziel war es, als Soziologe in einem interdisziplinären Team mit Architekten und Psychologen, städtebauliche Planung zu betreiben.

Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise 1973, Stichwort autofreie Wochenenden, wurden jedoch in der Folge Stellen für Soziologen als "Luxusstellen" als erstes gestrichen oder erst gar nicht eingerichtet, so dass der geplante Arbeitsmarkt für mich wegbrach.

So hat auch der damalige Baudezernent der Stadt Bielefeld keine Soziologen im Zusammenhang mit den Bauplanungen im Rahmen des Städtebauförderungsgesetzes eingestellt.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Als Soziologe kann man sich nur selten für einen konkreten Arbeitsplatz vorbereiten. Allgemeine Berufsfähigkeit, Offenheit für Veränderungen und die Fähigkeit sich für interessante Tätigkeiten zu engagieren, sind hilfreich.

Wie viele Jahre Ihres Lebens haben Sie insgesamt an der Universität Bielefeld verbracht?
Mit kurzer Unterbrechung waren das seit 1970 insgesamt 42 Jahre.

Sie haben an der Universität Bielefeld in etlichen Aufgabenbereichen gearbeitet. Welche genau waren das?
Zwei Jahre habe ich als Forschungsassistent an einem Projekt über die kommunale Neugliederung gearbeitet. Danach war ich 14 Jahre als Hochschulplaner im Planungsdezernat der Universitätsverwaltung tätig. Unter anderem habe ich dabei geholfen, die neuen Fakultäten für Technik und Gesundheitswissenschaften zu konzipieren und aufzubauen. Ich war zuständig für die Kapazitätsermittlung und die Hochschulstatistik und habe ein statistisches Jahrbuch für die Universität entwickelt. 14 Jahre arbeitete ich als Abteilungsleiter im Personaldezernat und war zuständig für die Personal- und Stellenbewirtschaftung. Ich habe die konzeptionelle Personalentwicklung und die Gesundheitsförderung für die Beschäftigten der Universität aufgebaut. Zuletzt war ich sieben Jahre Dezernent für Finanzmanagement mit den Abteilungen Finanzcontrolling, Finanzbuchhaltung und der Zentralen Beschaffung.

Wie kam es, dass Sie solch unterschiedliche Aufgaben hatten?
Ich habe mir das Motto der Personalentwicklung zu Eigen gemacht: "Wer immer das macht, was er kann, bleibt das was er ist." Deshalb habe ich versucht, mich durch neue und veränderte Tätigkeiten sowohl persönlich zu entwickeln als auch beruflich weiterzukommen. Zudem bin ich der Leitung der Universitätsverwaltung dankbar, dass es mir in einer Universitätsverwaltung möglich gemacht wurde, diese verschiedenen Aufgaben zu übernehmen. Damit kann man auch die lange Zugehörigkeit zu einem Unternehmen wie der Universität erklären.

Gibt es einen Aufgabenbereich, der Ihnen am meisten Spaß gemacht hat?
Jeder Aufgabenbereich hat mir durch seine jeweilige Eigenart Spaß gemacht. Sowohl die etwas abstrakte Planung als auch die konkrete Arbeit mit Menschen. Wenn ich etwas herausheben müsste, wäre dies neben der Personalverantwortung, die Aufgaben des Finanzmanagements einer Hochschule.

Sie sind am 1.1.15 in Pension gegangen. Wie haben Sie sich an Ihrem letzten Arbeitstag gefühlt?
Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits hätte ich gerne noch weiter gearbeitet, um die Früchte der Arbeit der letzten Jahre ernten zu können, wie etwa die Umstellung der Kameralistik auf die kaufmännische Buchführung einer Universität. Andererseits ist es auch gut so, nach so vielen Jahren den Staffelstab an jüngere Menschen weitergeben zu können.

Welche konkreten Pläne haben Sie für die Zukunft?
Konkrete Pläne habe ich derzeit noch nicht, ich bin gerade dabei, diese zu entwickeln.

Sie sind jetzt als Schatzmeister im Vorstand des Absolventen-Netzwerks tätig. Wie kamen Sie dazu und welche Aufgaben haben Sie dort?
Nachdem der langjährige Schatzmeister des Absolventen-Netzwerkes aus Altersgründen aufhören wollte, hat der Kanzler der Universität mich angesprochen, ob ich diese Funktion übernehmen wolle. Dabei hat sicherlich eine Rolle gespielt, dass ich als Finanzdezernent der Universität tätig war. Als Schatzmeister bin ich unter anderem dafür zuständig, die Finanzen des Vereins zu betreuen und den Jahresabschluss aufzustellen.

Wofür haben Sie jetzt in der Pension Zeit, wofür Ihnen vorher die Zeit immer gefehlt hat?
Vor allem freue ich mich auf sportliche Aktivitäten und auf Reisen.

Wären Sie gerne noch einmal Student?
Ja, mit der Lebenserfahrung von heute. Insbesondere würden mich die vielfältigen IT-Möglichkeiten reizen.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
als Schwaben Heimat geworden.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2015)

Jutta Küster, Foto: privat

Name: Jutta Küster

Alter: 67 Jahre

Beruf: Journalistin, aber seit zwei Jahren "Vollzeitgenießerin" und nur noch freiberuflich unterwegs, u.a. im Vorstand des Absolventen-Netzwerks der Universität Bielefeld e.V.

Studium: Psychologie und Soziologie, 1973-1979

Abschluss: Während meiner Diplomarbeit, habe ich mich entschieden, in den Journalismus zu gehen - ohne Uni-Abschluss.

Wie sind Sie Journalistin geworden?
Ich hatte viel Glück, gute Kontakte sowie den festen Willen, Journalistin zu werden - und war dann im richtigen Moment meistens auch an der richtigen Stelle. Nach einigen Praktika, freiberuflichen Tätigkeiten und einem Volontariat bin ich bei Radio Bielefeld als Redakteurin und Moderatorin geblieben, zeitweise als Chefin vom Dienst und stellvertretende Chefredakteurin.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Nein! Ich habe zwar beruflich und privat viele Umwege gemacht, aber ich glaube, man sieht dann mehr von der Gegend. Ich bin zufrieden.

Ihr peinlichster Patzer bei einer Radiomoderation?
Versprochen habe ich mich in den 22 Jahren beim Radio häufig. Mein peinlichster "Auftritt" war jedoch einmal bei der Präsentation der "News": Ich habe bei einer sehr ernsthaften Nachricht einen Lachkoller bekommen, den ich einfach nicht stoppen konnte - minutenlang. Die Nachrichten mussten mittendrin abgebrochen werden! Bei dem Gedanken daran wird mir jetzt noch heiß.

Welche Eigenschaften sollte ein (Radio-)Journalist Ihrer Meinung nach mitbringen?
Wichtig finde ich: eine gute Kommunikationsfähigkeit, ein positives Menschenbild, Neugier und ein Gespür für Themen, analytisches Arbeiten und eine gute Arbeitsorganisation, Stressstabilität und die Bereitschaft zu ungewöhnlichen Arbeitszeiten, Kreativität für das Schreiben und die Modulationsfähigkeit der Stimme. Sehr wichtig finde ich als Richtschnur auch noch ein soziales Leitbild und ein gelebtes Wertesystem. Außerdem eine emotionale Zugewandtheit und Wertschätzung der Mitmenschen.

Haben Sie besondere Tricks oder Praktiken angewandt, um Ihre Stimme beziehungsweise Aussprache für das Radio zu trainieren?
Während des Volontariats bekommt man Sprecherziehung - und ansonsten heißt es üben, am besten mit einem dicken Sektkorken im Mund, damit die Muskulatur dort trainiert wird.

Sie waren 20 Jahre lang Redakteurin bei Radio Bielefeld - wie schwer ist es Ihnen gefallen, in Ruhestand zu gehen?
Es ist mir überraschenderweise gar nicht schwer gefallen, obwohl ich leidenschaftlich gerne bei Radio Bielefeld gearbeitet habe. Ich habe mich mental rechtzeitig auf die neue Lebenssituation vorbereitet, den Zeitpunkt des Abschieds bestimmt und mich auf die Dinge gefreut, die ich immer mal machen wollte und zu denen ich jetzt Gelegenheit habe: Bücher schreiben, Lachyoga trainieren, ehrenamtlich am Jugendgericht richten, neue Freundschaften knüpfen und alte pflegen, dem Absolventen-Netzwerk der Universität mit vorstehen, Oma sein und noch einiges mehr. Ich genieße mein jetziges Leben in vollen Zügen!

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Alles unter einem Dach - eine kleine eigene, besondere Welt! Interdisziplinarität! Kulturelle Vielfalt und Buntheit! Freundschaften und eine gewisse Leichtigkeit! Toleranz! Gedankliche Freiheit! International anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler! Viele Auszeichnungen! Spannende Lebensphase!

Warum engagieren Sie sich im Vorstand des Absolventen-Netzwerks der Universität Bielefeld?
Diese Universität hat mich seit ihrer Gründung irgendwie immer beschäftigt. Ich habe in der universitätsnahen Gastwirtschaft meiner Eltern Mitte der 60er Jahre die Geburtsstunde dieser Universität und die erste Bauphase miterlebt, habe anschließend viele Studierende, Lehrende und Mitarbeiter in dem Lokal bedient. Ich war mit einem Professor dieser Uni verheiratet, unser Sohn hat hier studiert und seine wissenschaftliche Laufbahn begonnen. Und so wie ich auf meine Studentenzeit zurückblicke, so werden die ehemaligen und heutigen Studierenden das auch mal tun: Zurückblicken auf einen wichtigen Abschnitt ihres Lebens. Und da ist es gut und wichtig, dass es das Absolventen-Netzwerk gibt - so eine Art Nabelschnur zur Alma Mater. Ich bin begeistert von dieser Universität und bleibe als (Absolventen-)Netzwerkerin auch weiterhin dieser besonderen Einrichtung verbunden und gebe das, was ich kann, an die nachfolgenden Studentinnen und Studenten weiter.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Eigentlich nur positive. Entweder gab's keine negativen oder ich habe die im Laufe der Zeit vergessen. (lacht) Das Studium war für mich eine Phase, in der ich viel ausprobiert, erfahren und gelernt habe, auch für meine persönlichen Entwicklung. Ich bin während meiner Studienzeit stark politisiert worden und in dem Bereich auch sehr aktiv gewesen - auf dem linken Flügel der Studentenbewegung. Ich habe in einer Wohngemeinschaft gelebt und im Studentenwohnheim an der Morgenbreede, das waren für mich völlig neue - spannende - Erfahrungen.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Da ich in meinem "ersten beruflichen Leben" in verschiedenen sozialen Einrichtungen gearbeitet habe, unter anderem in Sondereinrichtungen für milieugeschädigte und verhaltensgestörte Kinder und Jugendliche sowie im Jugendstrafvollzug, war es naheliegend, dass ich meine Studienschwerpunkte auch so ausgerichtet habe: Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie, Psychoanalyse, Aggressionsforschung, abweichende Sozialisation. Allerdings habe ich mich auch viel mit Gesellschaftspolitik beschäftigt, ebenso mit Karl Marx und dem Kapitalismus.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Eigentlich wollte ich Medizin studieren und Kinderärztin werden. Ich habe den NC von 1,3 aber nicht erreicht. Also habe ich Psychologie und Soziologie gewählt, was anderes ist mir damals gar nicht eingefallen. Aber während des Studiums ist mir schon klar geworden, dass das nicht meine Berufung ist. Ich habe dann ja noch bis zur Diplomarbeit durchgehalten - bis sich Gott-sei-Dank alles anders entwickelt hat.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Es ist wichtig, einen Beruf zu finden, der einem Freude bereitet, Spaß macht, einen immer wieder neu fordert. Manchmal muss man Umwege gehen, um ans Ziel zu kommen, aber - wie schon gesagt - man sieht dann mehr. Außerdem möchte ich ihnen sagen: Habt Mut, bleibt wachsam, warmherzig und tolerant!

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
Ich weiß, es klingt bekloppt ... mittlerweile die schönste Stadt der Welt! (lacht)

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2014)

...der Sportwissenschaft

Milorad Presic, Foto: Top Foto Funke-Rieseler

Name: Milorad Presic

Alter: 43 Jahre

Beruf: Physiotherapeut, sportmedizinischer Sportwissenschaftler

Studium: Sportwissenschaft

Abschluss: Diplom

Wie kam es dazu, dass Sie Sportwissenschaft an der Universität Bielefeld studiert haben?
Schon als Teenager beschäftigte ich mich aufgrund meiner Begeisterung für Sport und Fitness mit der Trainingslehre und Anatomie. Meine berufliche Laufbahn startete ich als Physiotherapeut. Anschließend wollte ich mich gerne weiterbilden ? das Sportwissenschaftsstudium an der Universität Bielefeld war da der ideale Weg.

Was hat Ihnen in Ihrem Studium am meisten Spaß gemacht?
Ich konnte nicht nur meinen fachlichen Horizont erweitern, auch auf persönlicher Ebene entwickelte ich mich während meines Studiums weiter. Die zahlreichen Prüfungen und mein voller Terminplan führten dazu, dass sich mein Durchhaltevermögen und meine Disziplin deutlich verbesserten. Davon profitiere ich bis heute.

Sie haben den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Wie sind Sie zu der Entscheidung gekommen?
Ich habe mich viele Jahre mit der Start-up-Szene befasst. 2007 habe ich in den USA einen Freund besucht, der Kontakte ins Silicon Valley hatte. Wir haben eine kleine Führung über den Campus von Google, Yahoo und Apple bekommen ? die Unternehmenskultur, die Verbindung von Arbeit und Erholung, hat mich sehr inspiriert. Ich finde den Weg von der Gründungsidee zum gigantischen Unternehmen faszinierend. Mit meiner eigenen Praxis für Physiotherapie machte ich mich dann selbstständig. Ergänzend dazu entwickelte ich neben weiteren Projekten mein Faszien-Konzept ? ein Modell aus den drei Komponenten Fitnesstraining, Massage und Taping, durch das die Kraftausdauer verbessert wird und mentale Entspannung und Regeneration der Muskulatur gefördert werden.

Wie beschreiben Sie Ihre jetzige berufliche Tätigkeit?
Ich bin Physiotherapeut sowie Einzel- und Gruppenfitnesstrainer. Außerdem berate ich als Personal Shopper zu Sportartikeln und bald auch zu Mode ? ein Thema, das mich schon seit meiner Jugend fasziniert. Im Moment arbeite ich auch an eigenen Impulsvorträgen, mit denen ich Interessierte für meine Ideen begeistern möchte.

Wie haben Sie sich auf Ihre Selbstständigkeit vorbereitet?
Den ersten Grundstein für meine berufliche Selbstständigkeit legte ich mit meinem Sportwissenschafts- und darauf aufbauenden Wirtschaftsstudium. Besonders meine Zeit als Student in den USA war rückblickend sehr wichtig für mich. Durch den enormen Prüfungsstress, dem ich dort ausgesetzt war, habe ich gelernt, mit Druck umzugehen. Heute noch gibt mir dieser unvergessliche Lebensabschnitt Kraft, meinen Berufsalltag zu meistern.

Was hätten Sie gerne schon vor Beginn Ihrer Selbstständigkeit gewusst?
Durch eine intensive Vorbereitung und den Austausch mit anderen Selbstständigen blieb keine Frage offen.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich plane meistens sehr vorausschauend. Das kam mir in Bezug auf meinen Schritt in die Selbstständigkeit sehr zugute. Zu so etwas wie einem bösen Erwachen kam es glücklicherweise nie.

Sie treiben auch in Ihrer Freizeit viel Sport. Welche Sportart ist Ihre persönliche Leidenschaft und warum?
Ich bin im Fitnessbereich zu Hause und davon überzeugt, dass neben der Funktion auch die Form eines Muskels wichtig ist. Im Fitnesssport werden nicht nur einzelne Muskeln trainiert, sondern der Körper als Ganzer.

Sie helfen Ihren Patientinnen und Patienten dabei, ihre Work-Life-Balance zu finden. Wie halten Sie selbst dieses Gleichgewicht?
Ich trainiere mehrmals wöchentlich in verschiedenen Sportarten. Gleichzeitig halte ich strikte Ruhephasen ein, in denen ich Entspannungstraining mit Visualisierungs- und Faszienmethoden kombiniere.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Ich rate, das Studium schnell durchzuziehen und durch unterschiedliche Praktika herauszufinden, wie die berufliche Zukunft aussehen kann.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...?
...eine Stadt, die mit ihrem umfangreichen Freizeitangebot in der Natur einen wichtigen Beitrag zur Work-Life-Balance leistet.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2017. Das Interview führte Milena Müller.)

...der Technischen Fakultät

Benjamin Müller, Foto: privat

Name: Dr. Benjamin Müller

Alter: 32 Jahre

Beruf: Geschäftsführer der Biofidus AG

Studium: Molekulare Biotechnologie

Abschluss: Promoviert

Was haben Sie in Bielefeld studiert?
Molekulare Biotechnologie im Bachelor und Master, danach habe ich in der AG Zellkulturtechnik von Professor Thomas Noll in Bielefeld im Bereich der Proteinanalytik promoviert.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Analytik und Zellkulturtechnik, außerdem habe ich versucht, ein wenig Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre in mein Studium zu integrieren.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie vor Ihrem Studium? Haben sich Ihre Ziele während des Studiums geändert?
So konkrete Vorstellungen hatte ich zu Beginn des Studiums gar nicht. Häufig entwickelt sich das erst in den letzten Zügen des Studiums, was auch kein Problem ist. Gerade heutzutage, bei der immensen Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten, ist es relativ schwer, einen Überblick zu bekommen. Auch bei mir waren es mehr oder weniger ein paar Zufälle, die mich auf den Weg in meinen derzeitigen Job gelenkt haben. Ich glaube, dass die wenigsten zu Beginn ihres Studiums genau wissen, was sie beruflich erreichen möchten und dabei dann auch im Laufe ihres Studiums und Berufs bleiben.

Wie sind Sie zu Ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Ich habe mich während der Promotion stark in die Richtung Analytik orientiert und im Rahmen des Graduiertenclusters CLIB2021 ein Praktikum bei einem Dortmunder Analytikunternehmen absolviert. Durch das Praktikum konnte ich mich für eine Stelle als Applikationsspezialist und später als Teamleiter im Bereich der Proteinanalytik empfehlen. Zweieinhalb Jahre später bot sich mir dann die Möglichkeit, Geschäftsführer der Biofidus AG, einem jungen Bioanalytik-Unternehmen aus Bielefeld, zu werden.

Sie waren an der Gründung der Biofidus AG beteiligt, was ist das für ein Unternehmen?
Die Biofidus AG ist eine Ausgründung aus der AG Zellkulturtechnik von Professor Thomas Noll. Die Beteiligung an der Gründung hat sich daher auch über den Kontakt zu ehemaligen Kollegen während der Promotionszeit in der AG Zellkulturtechnik ergeben. Unser Kerngeschäft sind bioanalytische Dienstleistungen, mit denen wir zum Beispiel pharmazeutische Unternehmen oder akademische Einrichtungen bei der Forschung und Entwicklung unterstützen. Die Analytik ist dabei in der Regel so komplex, dass sie an externe Labore wie uns weitergegeben werden muss, und nicht selbst durchgeführt werden kann.

Sie haben an dem Businessplanwettbewerb "startklar OWL" teilgenommen, wie kam es dazu und mit welcher Idee sind Sie dort angetreten?
Wir sind mit dem Geschäftskonzept der Biofidus AG, welche erst Mitte 2015 gegründet wurde, angetreten. Der Businessplanwettbewerb war für uns eine tolle Gelegenheit unser Konzept von Experten prüfen zu lassen und in Workshops weiterzuentwickeln. Eine gewisse Motivation steckte natürlich auch im Preisgeld.

Wie hat Ihnen das Studium dabei geholfen, Ihre beruflichen Ziele zu erreichen?
Das Studium hat natürlich das essentielle Wissen vermittelt. Notwendig dafür, die beruflichen Ziele zu erreichen sind jedoch vielmehr eine Reihe von persönlichen Eigenschaften und die richtige Einstellung. Man sollte sehr ehrgeizig und fleißig sein. Die Balance zwischen Privatem und Beruflichem muss aber auch stimmen. Jeden Tag 12 bis 14 Stunden zu arbeiten, wird bei der hohen Belastung heutzutage, die meisten Menschen früher oder später in ein Burn-out treiben. Ebenfalls wichtig ist ein hohes Maß an Demut gegenüber den eigenen Fähigkeiten und Stärken. Man muss immer an sich arbeiten und dazulernen.

Wie sieht bei Ihnen ein ganz normaler Arbeitstag aus? Welcher Tätigkeit gehen Sie bei Ihrer Arbeit am liebsten nach?
Eigentlich gibt es keinen normalen Arbeitstag. Kein Tag ist wie der andere. Meine Arbeit ist extrem vielseitig, was sie zugleich auch sehr spannend macht. Ein sehr interessantes und auch neues Gebiet für mich ist der Vertrieb. Dort komme ich mit sehr vielen interessanten Menschen in Kontakt. Aber auch die finanzielle und strategische Planung des Unternehmens macht mir Spaß.

Was tun Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Ich treibe gerne Sport, treffe mich mit Freunden und reise gerne. Aber auch ein ruhiger Abend vor dem Fernseher darf gerne dabei sein.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Eigentlich nicht. Ich versuche zwar, mein Handeln zu reflektieren und Fehler zu erkennen um diese in Zukunft reduzieren zu können. Dann hake ich diese Dinge aber ab und versuche mich auf die zukünftigen Aufgaben zu konzentrieren.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit an der Universität Bielefeld?
Eigentlich nur positive. Die Universität ist auf den ersten Blick zwar nicht gerade eine Schönheit, mit der Zeit erkennt man jedoch die vielen Vorzüge, wie die kurzen Wege und die dadurch ermöglichte hohe Interaktion verschiedener Fachgruppen. Durch die vielen Möglichkeiten, wie zum Beispiel das sehr breit gefächerte Sportangebot, wird einem auch nie langweilig.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was würden Sie Studierenden mit auf den Weg geben?
Seid ehrgeizig und trotzdem entspannt. Ruht euch nicht auf dem, was ihr erreicht habt, aus und seid immer offen für neues Wissen und neue Ansichten.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich?
eine Stadt, die erst auf den zweiten Blick zeigt, wie großartig sie ist.

(Interview aus H1, Ausgabe 02.2016)

Matthias Frick, Foto: privat

Name: Matthias Frick

Alter: 33 Jahre

Beruf: Product Owner in dem Musiksoftware-Unternehmen Ableton

Studium: Medieninformatik und Gestaltung, 2007-2011

Abschluss: Bachelor of Science

Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Kaffeetrinken in der großen Halle auf dem Weg zum nächsten Seminar, Audimin-Partys und meine damaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Wie haben Sie Ihre Studienzeit erlebt? Gibt es etwas, an das Sie besonders gerne zurückdenken?
Neben etlichen interessanten Vorlesungen und Partys in der Uni denke ich gerne an meine Zeit bei Hertz 87.9 zurück. Und an meinen Hilfskraftjob für das Seminar "Vom Lesebuch zum Hörbuch" bei Paul John.

Wieso fiel damals Ihre Wahl auf den Studiengang "Medieninformatik und Gestaltung"?
Für mich war die Kombination ideal. Ich hatte vor dem Studium eine Ausbildung zum Fachinformatiker gemacht, um mir etwas mehr Zeit zu geben, mich auf ein Studienfach festzulegen. Zu der Zeit hatte ich gleichermaßen Interesse für Informatik und Grafikdesign, da fiel mir die Wahl natürlich leicht.

Welche Studieninhalte Ihres Bachelors sind für Ihren jetzigen Job von Vorteil?
Die Informatikgrundlagen und das Arbeiten an Softwareprojekten im Team haben mich vermutlich am besten auf den Beruf in einer Firma für Musiksoftware vorbereitet. Nebenbei konnte ich mein Wissen durch konkrete, eigene Projekten erweitern. Ich habe zum Beispiel für die Hörerinnen und Hörer von Hertz 87.9 sowohl eine Android- als auch eine iPhone-App programmiert, mit der sie nun von überall den Stream des Senders hören können.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
In Berlin musste ich während meines Masters in "Audiokommunikation & Technologie" an der Technischen Universität ein Praktikum absolvieren. Ich habe mich zu dem Zeitpunkt vor allem für Audiosoftware und digitale Signalverarbeitung interessiert. Also habe ich mich bei den gängigen Unternehmen in Berlin beworben und bin auf diesem Weg zu Ableton gekommen

Sie haben also Ihren Berufseinstieg über ein Praktikum geschafft. Haben Sie weitere Tipps für Studierende zum Berufseinstieg?
Gerade im Bereich der Informatik gibt es viele Optionen, sich Schwerpunkte zu suchen. Das sollte man meiner Meinung nach auch nutzen, in dem man zum Beispiel schon früh eigene Projekte durchführt und sich ein individuelles Portfolio etwa auch über die Kontributionen zu Open-Source-Software aufbaut. Für Bewerbungen macht es sich immer gut, wenn solche Erfahrungen im Lebenslauf stehen.

Sie haben sich schon mit dem Thema Musikproduktion beschäftigt, bevor Sie Ihren Beruf gefunden haben. Würden Sie sagen, dass Sie Ihr Hobby zum Beruf gemacht haben?
Nicht direkt. Ich nutze natürlich unsere Software selber zum Musik machen, denke jedoch nicht darüber nach, wie sie funktioniert oder gebaut wurde. Es ist jedoch sehr von Vorteil, die Software zu kennen und zu wissen, wie man sie selbst als Musiker bedienen würde. Dadurch kann man wertvolles Feedback in andere Teams einbringen und so letztlich direkt das Produkt verbessern. In meinen Augen der einzige Nachteil: Manchmal fühlt es sich seltsam an, das Produkt der Firma zum Musikmachen zu benutzen, in deren Büro ich gerade acht Stunden verbracht habe.

Was gehört aktuell zu Ihren Aufgaben als Produktmanager?
Zu meinen Hauptaufgaben zählt die Verwirklichung der Vision des Produktes. Als Produktmanager arbeite ich dabei hauptsächlich als Vermittler zwischen Entwicklerinnen und Entwicklern, User-Experience- und User-Interface-Designerinnen und -Designern sowie den User-Researcherinnen und -Researchern. Dazu kommt noch die Koordination mit anderen Stakeholdern (Marketing & Communications, Sales sowie andere Teams im Product Development).

Was konkret macht Ihnen an Ihrer Arbeit Spaß?
In einem internationalen Team zu arbeiten und die iterative Herangehensweise in der Produktentwicklung. Das Team denkt sich zum Beispiel ein Feature aus, welches wir bis ins Detail planen und anschließend den Nutzerinnen und Nutzern vorlegen. Basierend auf dem Feedback verbessern wir es und führen neue User Tests durch.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit zum Ausgleich?
Ich gehe gerne laufen, mache Yoga und bin als Musikproduzent tätig.

Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen in Ihrem Leben?
Klar wäre es schön, wenn ich schon früher gewusst hätte, was ich gerne machen würde. Aber der Weg ist das Ziel, wie man so schön sagt.

Welche Tipps haben Sie für die Studierenden in Bielefeld?
Ich finde es lohnend, über den Tellerrand zu schauen und sich die Möglichkeiten an der Uni Bielefeld außerhalb des Studiums anzuschauen. So bin ich schließlich bei Hertz 87.9 sowie der Tutorenstelle gelandet.

Das Titelthema dieser H1-Ausgabe ist "Unterwegs auf dem Campus". Haben Sie einen Lieblingsort an der Universität Bielefeld?
Ich habe mich immer gerne draußen hinter dem Hauptgebäude an den runden Bänken aufgehalten. Meistens traf man dort entweder Kommilitoninnen und Kommilitonen oder andere Freundinnen und Freunde, mit denen man ins Gespräch kam. Oft habe ich mich dort zum Kaffee verabredet.

Wie haben Sie den Campus damals (2007-2011) empfunden?
Der Campus hatte damals etwas sehr Familiäres für mich, da sich alles auf das Hauptgebäude konzentriert hat.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich?
Heimat.

Das Interview führte Malin Stuckmann.
(Interview aus H1, Ausgabe 01.2018)

...der Wirtschaftswissenschaften

Dr. André Fleer, Foto: privat

Name: Dr. André Fleer

Alter: 44 Jahre

Beruf: Leiter Strategisches Controlling

Studium: Betriebswirtschaftslehre, 1990 - 1996

Abschluss: Diplom und Dr. rer. pol.

Sie haben mehr als vier Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld gearbeitet: Wie schwer ist Ihnen der Wechsel in die Wirtschaft gefallen?
Natürlich ist das Arbeiten in einem Unternehmen etwas völlig anderes. Der größte Unterschied ist vielleicht der Zeitfaktor: In der Wirtschaft ist der Zeitdruck viel größer und man muss sehr viel schneller zu Ergebnissen kommen. Mit einer offenen Einstellung und der Bereitschaft, sich entsprechend dieser Anforderungen anzupassen, war der Wechsel aber kein großes Problem.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Auf jeden Fall die zeitlichen Freiräume und Freiheiten zu nutzen - das ist nach dem Studium so meistens nicht mehr möglich. Ich halte es für wichtig, auch nach rechts und links zu schauen, was häufig mehr bringt, als mit einem Tunnelblick das Studium in kürzester Zeit hinter sich zu bringen.

Warum engagieren Sie sich im Vorstand des Absolventen-Netzwerks der Universität Bielefeld?
Ich habe hier viel gelernt und durchweg positive Erinnerungen, deswegen finde ich es schön weiterhin Kontakt zur Hochschule zu haben. Das Studium ist ein sehr prägender Lebensabschnitt, deswegen freut es mich, dass ich mich hierüber weiterhin einbringen kann.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich... ?
... eine sich ständig selbst unterschätzende, aber lebenswerte Heimat.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Universität Bielefeld denken?
Die große Halle, das alles zentral verfügbar war, was man zum Studienleben brauchte. Ein toller sozialer Mittelpunkt, nicht unbedingt schön im üblichen Sinn, aber ungemein zweckmäßig.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit?
Sehr positive! Ich hatte das Glück, Hochschullehrer zu haben, die vermitteln konnten, wozu eine wissenschaftliche Ausbildung dient und wie man sie am besten nutzt. Das Drumherum ist während der Studienzeit natürlich auch alles andere als unwichtig. Und last but not least habe ich hier meine Frau kennengelernt.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt?
Ich habe unter anderem an einem Lehrstuhl in Projekten gearbeitet und dabei enorm viel gelernt. Neben dem Pflichtprogramm konnte ich mich dadurch im Studium auch mit anderen Dingen beschäftigen und dadurch den Horizont zu erweitern - sowohl fachlich als auch im Hinblick auf Soft-Skills.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ich bin rückblickend glücklich mit allen Entscheidungen. Sicherlich wären auch andere Wege möglich gewesen. Aber ich habe nicht das zwingende Bedürfnis, irgendetwas unbedingt anders machen zu müssen.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums?
Die haben zwischendurch immer mal wieder gewechselt, aber schlussendlich bin ich auch beruflich in einem der Bereiche gelandet, die mich am meisten interessierten. Ich denke, es ist wichtig, Flexibilität mitzubringen und sich nicht zu sehr auf ein Thema zu versteifen. Deshalb habe ich mich gerade während der Promotion auch fachlich bewusst breit orientiert.

Und wie sind Sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen?
Diese hervorragende Institution gibt es heute noch: Der erste Kontakt ist auf der Berufseinstiegsmesse "Perspektive" in der Universität Bielefeld entstanden. Zum Glück bin ich in einem sehr dynamischen Unternehmen gelandet und bin dem bis heute treu geblieben. Ein zweiter Schwerpunkt in meinem Studium war außerdem Informatik, das kommt mir heute bei der Tätigkeit in einem IT-Unternehmen selbstredend sehr entgegen.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie an der Universität erworben haben, wenden Sie bei Ihrer täglichen Arbeit an?
Am Ende sind es die weichen Fähigkeiten, die im täglichen Arbeitsleben die größere Rolle spielen: Strukturiert und analytisch arbeiten, sich auf neue Themen schnell einstellen, Sachverhalte präzise und überzeugend darstellen ? diese Fertigkeiten zählen im Endeffekt mehr als das eigentliche Fachwissen, was man sicherlich auch mitbekommt, aber eher nur das Rüstwerkzeug ist.

Was tun Sie, um einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit zu schaffen?
Freiräume sind wichtig, um den Kopf frei zu bekommen. Für mich spielt dabei zum Beispiel Sport eine große Rolle, außerdem fotografiere ich gerne, was auch in der Kombination gut funktioniert. Auch die Tätigkeit im Absolventennetzwerk zählt dazu.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2014)

Sylvia Schmidt, Foto: privat

Name: Sylvia Schmidt

Alter: 46 Jahre

Beruf: Inhaberin einer Agentur für Internet, Marketing und Social Media

Studium: Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Marketing, in den 90er-Jahren

Abschluss: Diplom-Kauffrau

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt und wie ging es dann weiter?
Während meines Studiums habe ich den Schwerpunkt auf Marketing und IT gelegt. Dementsprechend hat sich auch mein beruflicher Werdegang gestaltet. Ich habe nach meinem Studium an der Universität Bielefeld zunächst als Angestellte im Bereich Internet und Marketing in der Sparkassenorganisation in Düsseldorf und einem Hotelkonzern in Köln gearbeitet. Nach einer Familienpause entschloss ich mich dann, meine eigene Agentur in diesem Bereich zu gründen.

Welche beruflichen Ziele hatten Sie während Ihres Studiums? Haben Sie diese Ziele erreicht?
Mein Ziel während des Studiums war es, Geschäftsführerin eines größeren Unternehmens oder Marketingleiterin zu werden. Diese Ziele konnte ich leider noch nicht verwirklichen, aufgrund der längeren, beruflichen Familienpause.

Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Ja, ich würde mir durch einen davor geschalteten Ausbildungsberuf oder berufsbegleitend weitere Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich Kommunikationswissenschaften oder Werbung aneignen.
 

Was hat Ihnen im Studium gefehlt?
Ich hätte mir in meinem Studium mehrere praktische Veranstaltungen im Bereich Marketing gewünscht, insbesondere für Web- und Grafikdesign sowie Öffentlichkeitsarbeit. Auch ein effizienter Sprachkurs in Business English wäre sinnvoll gewesen. Zwar gab es einen, jedoch war dieser immer hoffnungslos überfüllt.

Rückblickend auf Ihre Studienzeit: Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Man sollte immer die verschiedenen Unternehmen im Auge behalten und rechtzeitig Kontakte zur Arbeitswelt knüpfen. Praktika bieten einem die Möglichkeit, frühzeitig in unterschiedliche Bereiche zu schnuppern, Kontakte zu Unternehmen herzustellen und zu entdecken, was einem gefällt und was nicht.

Wie sieht der Alltag als Managerin einer Agentur für Internet, Marketing und Social Media aus?
Der Alltag in einer Agentur, die Dienstleistungen rund um Marketing, Internet und Social Media anbietet, ist sehr vielfältig. Ein großer Teil macht der Außendienst bei Kunden oder der Besuch von Netzwerkveranstaltungen, wie denen von verschiedenen Wirtschaftsclubs und -verbänden, Wirtschaftstagen der Sparkassen, etc. aus. Außerdem sitzt man viel am Rechner, bearbeitet Fotos und Emails und betreut neben der gesamten Konzeptarbeit die Social Media Kanäle der Kunden. Viel Zeit vergeht auch in Kooperationsgesprächen und Besprechungen mit freiberuflichen Mitarbeitern und dem Vertragsmanagement.

Was für Charaktereigenschaften braucht es, um eine Agentur zu managen?
Als Managerin einer Agentur werden zahlreiche Charakteristika gefordert. Zum einen bedarf es Vielseitigkeit, Risikobereitschaft und Selbstbewusstsein, um eine Agentur zu führen. Zum anderen sind aber auch Kritikfähigkeit und ein guter Umgang mit Rückschlägen notwendig, sodass Geduld und Ausdauer ebenfalls wichtige Eigenschaften ausmachen. Darüber hinaus ist auch das Gefühl für Menschen und Geschäftspartner essentiell. Man benötigt ein Händchen für die Auswahl der richtigen Partner und muss flexibel reagieren können. Offenheit und Zuverlässigkeit gegenüber Netzwerken sowie Kompetenz in der eigenen Arbeit sind dabei selbstverständlich. Zuletzt darf aber auch die Bereitschaft zur Investition von Eigenkapital und Bildung von Rücklagen nicht vergessen werden, da sonst das Gründen und Managen einer Agentur unmöglich ist.

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Job?
Am meisten gefällt mir die Möglichkeit der Selbstbestimmung. Ich selbst kann die Auswahl der Projekte und Produkte und mein Zeitmanagement bestimmen. Die Vielseitigkeit und die Möglichkeit, zu gestalten, bereiten mir ebenfalls viel Freude. Auch die Branchenvielfalt, in der man sich bewegen kann, ist ein wichtiger Aspekt, sodass es nie langweilig wird.

Was tun Sie neben ihrer beruflichen Arbeit als Ausgleich in Ihrer Freizeit?
Nach einem anstrengenden Arbeitstag betreibe ich zum Ausgleich gerne sportliche Aktivitäten, wie beispielsweise Schwimmen oder Ski fahren. Auch beim Klavierspielen nutze ich die Möglichkeit Abstand vom Alltag zu gewinnen.
 

Wären Sie gern noch einmal Student?
Ja, warum nicht? Mit dem Wissen von heute und einem Budget an Zeit jederzeit wieder gerne.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Bielefeld ist für mich...
... eine zweite Heimat geworden und ich kehre heute immer wieder gerne zurück, um alte Kontakte zu treffen oder Geschäfte zu generieren.

(Interview aus H1, Ausgabe 01.2016)


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